Es war Montagvormittag die sportliche Schlagzeile, als Olympiasieger Benjamin Karl überraschend vor dem Snowboard-Heim-Weltcup aus Bad Gastein abreiste. Der Osttiroler sprach von „Motivationsproblemen“ und, dass der Rennzyklus Depressionen auslöse. Aussagen, die zweifelsfrei zu denken geben und die zeigen, dass absolut kein Mensch eine Maschine ist. Aber er ist eben auch Profi, ein Vollprofi, der es weiß, zu kämpfen. Der Weltcup in Bansko am Samstag und Sonntag (zwei Parallel-Riesentorläufe) wird mit ihm stattfinden – der dreifache Gesamtweltcupsieger saß am Donnerstag im Flieger nach Bulgarien.

„Die Ziele kamen von außen“

Doch der Fünffach-Weltmeister, der bei seiner Familie in Osttirol wieder Kraft tankte, offenbarte, was ihn zuletzt so dermaßen beschäftigt hat: „In der heurigen Saison bin ich mit Zielen in die Saison gestartet, die nicht von mir definiert waren. Sie kamen von außen“, verdeutlicht der 39-jährige zweifache Familienvater. Er solle alle drei Kristallkugeln gewinnen und wenn möglich auch alle Rennen.

Und genau das alles habe ihn gehindert, das Eigentliche, sein volles Potenzial auszuschöpfen. Der Paradeathlet betont demnach, nur mehr seine eigenen Ziele verfolgen zu wollen, die er tief im Inneren spürt. „Kein Ego, nicht die Gesellschaft, der Druck oder eben die Ziele von außen sind echt. Je früher man das erkennt, desto schneller wird man frei sein. Alles was man dafür braucht ist Mut. Wenn du das Ego überwindest, den ganzen auferlegten und antrainierten Bullshit, die Muster, in denen man oft gefangen ist, dann erst wird man die Verbundenheit in dir spüren. Es ist die pure Existenz.“

Angesprochen, weshalb er gerade jetzt wieder Lust verspürt, erklärt er in gewohnt ehrlicher Manier: „Ich hatte nach langer Zeit wieder einmal ein Date mit meiner Frau Nina. Ich bin dort gesessen und war so befreit, voller Zuversicht und einem klaren Blick in die Zukunft, wie schon lange nicht mehr.“ Das Jucken unter den Fingernägeln und dieses Lächeln seien wieder da gewesen. „Nina hat gemeint, dass sie dieses Lächeln schon lange nicht mehr gesehen hat. Und so habe ich am nächsten Tag den Entschluss gefasst, wieder in Bansko mit dabei zu sein.

„Ich bin auch stolz auf sie“

Direkt vor der Abfahrt nach Bulgarien bestätigte ein intensives Gespräch mit Nina, die die Ausbildung zur Psychotherapeutin absolviert, seine Entscheidung. „Ich solle volles Risiko gehen, zu jeder Zeit, wenn es das ist, was mich glücklich macht.“