Nun gut, Domen Prevc ist bei der 74. Auflage der Vierschanzentournee das Maß aller Skisprung-Dinge. Als einziger Athlet überquerte der Slowene in Oberstdorf in beiden Durchgängen die 140-Meter-Marke und hat sich damit einen Polster von 17,5 Punkten (das sind knapp zehn Meter) geschaffen. Laut Statistiken ist das nach Sigurd Pettersen, Hans Georg Aschenbach und Gregor Schlierenzauer der viertgrößte Vorsprung der Tournee-Geschichte nach der ersten Station – alle drei haben am Ende auch den Gesamtsieg eingeflogen. Eines ist aber klar – ausruhen darf sich der überlegene Gesamtweltcup-Führende darauf nicht – zumindest, wenn es nach Daniel Tschofenig geht.

Der Kärntner ist im Oberallgäu wie Phönix aus der Asche aufgestiegen und hat nach einer bis dato für seine Verhältnisse eher mäßigen Saison im richtigen Moment zu alter Stärke gefunden. Vergessen waren in Oberstdorf all die Rückschläge und Zweifel der vergangenen Wochen – die Richtung stimmt wieder beim Titelverteidiger, der als erster Verfolger den Kampf gegen den „Domenator“ gerne annimmt.

OBERSTDORF,GERMANY,28.DEC.25 - NORDIC SKIING, SKI JUMPING - FIS World Cup, Four Hills Tournament, large hill, men, qualification. Image shows Daniel Tschofenig (AUT).
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Daniel Tschofenig © GEPA

„Ich hatte bereits vor der Tournee das Gefühl, dass es endlich in die richtige Richtung geht. Umso schöner, dass sich die harte Arbeit jetzt bezahlt macht“, sagt der Kärntner. Nachsatz: „Skispringen kann echt brutal sein. Manchmal versteht man nicht, warum es nicht funktioniert. Und manchmal hat man Zweifel, ist aber ganz vorne dabei.“ Vorne dabei ist Tschofenig jetzt auch vor dem Neujahrsspringen am Donnerstag in Garmisch (14 Uhr, ORF 1 live). Stellt sich nur die Frage, wie man Prevc noch abfangen kann? „Er springt zurzeit genial, Oberstdorf war bei ihm leider keine Eintagsfliege. Ich kann nicht mehr machen, als selbst gut zu springen. Es sind noch drei Schanzen, da kann auf alle Fälle viel passieren. Der Druck liegt bei ihm“, macht sich der 23-Jährige selbst Mut.

Auf mögliche Wetterkapriolen, die Prevc verblasen könnten, hofft Tschofenig nicht. „Mir wären stabile Bedingungen lieber. Auch, weil ich will, dass es faire Wettkämpfe gibt. Wenn er dann der Bessere ist, dann soll er auch gewinnen.“ Vielmehr setzt der ÖSV-Adler auf einen Patzer des Slowenen. „Fehler können schnell passieren. Es gibt nur ganz wenige Springer, die eine ganze Tournee ohne Probleme durchgezogen haben. Es kann sehr schnell gehen – dann sind 17,5 Punkte gar nichts.“

Gute Erinnerungen ans Vorjahr

Obwohl den Blick nach vorne gerichtet, darf Tschofenig nicht den Rückspiegel außer Acht lassen. Denn der Deutsche Felix Hoffmann (-1,9 Punkte) und Teamkollege Jan Hörl (-2,1) sind dem Achomitzer dicht auf den Fersen. Umso gelegener steht für „Tschofe“ das Neujahrsspringen (die Qualifikation steigt heute um 16 Uhr) vor der Tür, hat er im Vorjahr auf dem Olympiabakken doch gewonnen und damit den Grundstein für seinen Gesamtsieg gelegt. „Es ist keine leichte Schanze, dort kann man viele Punkte aufholen, aber auch verlieren.“ Zweiteres soll im Fall des Kärntners freilich nicht eintreten.