Gianni Infantino legte am Tag vor dem Eröffnungsspiel einen bizarren Monolog hin und erhob dabei Vorwürfe gegenüber Kritiker und der gesamten westlichen Welt. Dabei sprach der FIFA-Präsident auch von "reiner Heuchelei".

Wenig überraschend fielen die Reaktionen auf diesen Auftritt aus. Die deutsche "Bild" schrieb von "einer Stunde voller Peinlichkeiten", die Pressekonferenz sei eine reine "Propaganda-Show" gewesen. Die "Frankfurter Allgemeine" sah eine "Ein-Mann-Show des Gianni Infantino". Das Fußball-Fachmagazin "Kicker" schrieb von "Infantinos Foulspiel", der eine große Chance auf eine Entschuldigung verpasst habe.

In England titelte die "Sun" mit einem Wortspiel: "infantile Herzrede" war zu lesen. "Infantinos Rede ist eine Beleidigung gegenüber Tausenden Arbeitern und Arbeiterinnen, die diese WM überhaupt möglich gemacht haben und teilweise mit ihrem Tod bezahlen mussten", erklärte Mustafa Qadri, Chef der Menschenrechtsorganisation "Equidem".

Die britische Sky-Sports-Moderatorin Melissa Reddy fand die Aussagen "irreführend, respektlos und beleidigend". Reddy, die in Katar vor Ort ist, meinte auch, dass es die WM werde, die unterstreiche, wie schmutzig das Spiel tatsächlich sei.

Henry Winter, Chefredakteur der englischen "Times" setzte einen Tweet ab und schrieb, dass Infantino in einer Blase lebe, sich in Blatter verwandle und das Spiel blamiere. Der deutsche Moderator Micky Beisenherz meinte auf Twitter, die Pressekonferenz sei eine "Sternstunde der Realitätsverweigerung".

Auch Dänemarks Sportdirektor Peter Möller übte scharfe Kritik: "Als ich den FIFA-Präsidenten gestern gesehen habe, war ich schockiert. Und ich habe mich in dem Moment auch geschämt, ein Teil dieser Veranstaltung zu sein", sagte der frühere Nationalspieler zur Deutschen Presse Agentur in Al-Rayyan. "Ich fand es beschämend. Das ist der Mann, der das Bild des Fußballs prägt und der eigentlich zeigen könnte, was Fußball bewirken kann", sagte Möller.

Konkret warf der frühere Profi des FC Kopenhagen und des FC Fulham der FIFA vor, kein ernsthaftes Interesse an einer Debatte über die Zustände in Katar zu haben und den Fußball auf diese Weise immer weiter von seinen Anhängern zu entfremden. "Ich kann nur für den dänischen Verband sprechen", sagte der 50-Jährige. "Wir haben vor dieser WM über Monate versucht, auch hinter den Kulissen Einfluss auf die FIFA und die Verhältnisse in Katar zu nehmen. Wir wollten hier mit der Aufschrift "Menschenrechte für alle" trainieren - die FIFA hat es abgelehnt. Wir haben schon vor Monaten angekündigt, mit der Regenbogen-Binde zu spielen - aber die FIFA äußert sich erst einen Tag vor WM-Beginn dazu."

Der walisische Regierungschef Mark Drakeford äußerte sich ähnlich. Die Aussagen von Infantino hätten ihn an den früheren britischen Finanzminister Denis Healy erinnert. "Sein erstes Gesetz für Löcher lautete: Wenn du in einem Loch bist, hör auf zu graben", sagte Drakeford der Nachrichtenagentur Reuters.