Wer die Augen im physischen Sinn und auch vor der bitteren Wahrheit verschloss, der hätte sich eine Volksfeststimmung im Wiener Prater vorstellen können. Beim Öffnen der nach dem Aus in der WM-Qualifikation schwer gewordenen Lider offenbarte sich dem Betrachter eine von immerhin 1500 schottischen Fußballseelen gebildete, kompakte, regelmäßig Gesänge anstimmende blaue Menschentraube, das sorgte mit dem Hintergrund im gelben Sektor für eine schöne, fast schon sinnstiftenden Farbkombination. Die rund 5000 Österreicher (6600 Zuschauer waren es offiziell) verloren sich in kleinen bis mittleren Gruppen im Rest des Happel-Stadions. Sie sollten am Ende noch erwachen.

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Ein Match gegen Schottland hätte ursächlich, ohne Kriegsausbruch und bei der geplanten Partie Schottland – Ukraine mit schottischem Sieg, ein Play-off-Finale sein können, stattdessen war die Begegnung herabgestuft worden auf ein Test- oder Freundschaftsspiel. Dabei wäre die Partie angesichts der lauen Witterung bestens geeignet gewesen für Frühlingsgefühle.

Erstmals seit Monaten war es in einem Fußballstadion nicht mehr kalt. Die Österreicher waren sichtlich bemüht, Teamchef Franco Foda zu dessen Abschied einen Sieg mit auf die Reise in eine andere persönliche Zukunft zu geben, sie spielten auch Chancen heraus, aber Schottland wurde ebenfalls gefährlich und war, zumindest einmal in der ersten Hälfte effizienter.

Nach einem Corner landete der Ball zunächst an der Querlatte, den Abpraller versenkte Jack Hendry (28.) im Netz. Mit VAR hätte der Treffer womöglich nicht gezählt, der Schütze hatte eine Hand am Kopf von Christoph Baumgartner. Zuvor war den Österreichern bei wiederholten ansehnlichen Versuchen ein Tor verwehrt geblieben. Marko Arnautovic fand die besten Gelegenheiten vor.

Die Gastgeber setzten ihr gefälliges Spiel in der zweiten Hälfte fort, doch gefällig ist für einen zeitgemäßen Fußball-Auftritt selbst in einem Freundschaftsspiel zu wenig. Daher machten die Schotten wieder ernst, als sie den Österreichern zunächst neuerlich vorführten, wie es im Idealfall gehen kann. Sie schlossen einen schnellen Angriff nach toller Kombination mit einem herrlichen Treffer zum 2:0 durch John McGinn (56.) ab.

Wie schnell die Fans aus der Reserve zu locken sind, zeigte sich beim Anschlusstreffer durch den eingewechselten Michael Gregoritsch und auch in den darauffolgenden Minuten. Es brandete Jubel auf und die Spieler ließen sich frisch anstecken.

Mit einem Mal schien wieder Feuer drin zu sein. Sie erzeugten in der Schlussphase richtig Druck und schafften mit dem zweiten Jokertor durch Alessandro Schöpf den Ausgleich. Er war verdient, der Abschluss daher versöhnlich.