Jede der großen europäischen Eishockey-Ligen versucht mehr oder weniger seine eigene Identität zu verkörpern. Nirgendwo gilt das als schwieriger, als in der "bet-at-home ICE Hockey League". Erstmals in der Geschichte laufen in dieser Saison Mannschaften aus sechs Nationen auf. Und dies schlägt sich auf den Liga-Alltag nieder. In den bisherigen 16 Runden hat Rückkehrer Olimpija Ljubljana für das größte Ausrufezeichen gesorgt.

Doch wie hat sich das Niveau der 14 Klubs auf die Außenwahrnehmung entwickelt? Die Aufstockung, so die klare Meinung von Eishockey-Experten, hat zumindest die Qualität der Spiele und Spieler nicht erhöht. "Laibach hat frischen Wind gebracht und verkörpern jetzt eine Feel-good-Story. Das ist gut für die Liga. Ohne die Leistung aber schmälern zu wollen: In der Liga hat sich das Spielniveau nicht unbedingt verbessert", meint Bernd Brückler, Spielermanager und früherer Sky-Experte.

Freimüller: "Nicht viele schwächeren Saisonen"

Eine ähnliche Meinung vertritt Ex-NHL-Scout und Insider Bernd Freimüller, der auch als laola1.at-Kolumnist tätig ist. "Ein direkter Vergleich ist schwierig. Die letzten drei Saisonen standen unter unterschiedlichen Vorzeichen. Das Niveau in der Liga ist zwar ausgeglichen. Aber bei vielen Teams fehlt es an spielerischer Klasse. Ich kann mich nicht an viel schwächere Saisonen erinnern", findet Freimüller klare Worte.

Ex-Teamspieler und ORF-Experte Peter Znenahlik kritisiert vor allem die fehlende Spannung. "Die bisherigen Spiele reisen mich nicht vom Hocker. Man darf nicht etwas mit Gewalt schönreden, sondern muss der Wahrheit ins Auge blicken. Und: Nur wenige Imports verdienen wirklich die Bezeichnung Legionäre." Er wolle die Leistung von Laibach nicht schmälern, aber er frage sich: "Sind die so gut, dass sie überlegen vorne liegen. Oder sind die anderen so schlecht?" Ein Aspekt, der Znenahlik ins Auge sticht, sind die vielen Verletzungen: "Die Klubs kämpfen permanent mit vielen Verletzten. Unabhängig davon, dass etwa Graz und Salzburg unterschiedliche Voraussetzungen besitzen. Hier müsste einmal Ursachenforschung betrieben werden."

Logische Folge der Aufstockung

Für Freimüller wie auch Brückler (beide haben den Transfermarkt stets im Blick) sind abfallende Leistungen nicht unbedingt überraschend. "Das ist ein normaler Prozess, wenn die Liga erweitert wird", erklären sie unisono. Freimüller ergänzt: "Laibach ist als Team gut, Linz offensiv impotent, Wiens Leistungen überschaubar. Und dann teilen sich auch noch Liga-Neuling Pustertal und Bozen den Markt."

Ex-Torhüter Brückler bemängelt zudem die fehlende Klasse bei den Goalies. "Die Leistungen sind sehr überschaubar. Dass es aber zu Resultaten wie einem 9:7 führt, hängt auch mit instabilen Defensiven zusammen." Freimüller wünscht sich hingegen verstärkt die physische Komponente im Spiel zurück: "Das hat die ICE leider komplett unterbunden. Diese Entwicklung sehe ich mit Blick auf WM-Turniere wesentlich problematischer. Österreich hatte immer schon Schwierigkeiten, mit dem international üblichen Körperspiel bei WMs zurechtzukommen. Aber jetzt hat das neue Ausmaße angenommen."

Fakt ist: Je größer die Liga-Landkarte, desto wichtiger scheint es, wieder einen Kompass in den Händen zu halten. Nicht unbedingt, um zu navigieren. Aber in den letzten Jahren stand für die ICE lediglich der Überlebenskampf (Corona, Hauptsponsor, TV-Partner, Zuschauerrückgang) im Vordergrund.

Langsam muss diese höchste Eishockey-Spielklasse Österreichs wieder beginnen, selbst gestalterisch tätig zu werden. Fehlentwicklungen sind ehrlich zu analysieren sowie zu bekämpfen. Ein Ziel muss etwa sein, die Live-Präsenz der Liga im TV deutlich zu erhöhen (derzeit keine Sonntagsspiele). Denn ein einheitliches System zu den Verfügbarkeiten von Livestreams ist derzeit nicht erkennbar.