Ein neues Zeitalter hat in Graz begonnen. Das war spätestens nach den ersten Worten von Herbert Jerich als designierter 99ers-Präsident zu erahnen. Der Boss des gleichnamigen, internationalen Speditionsimperiums wird den Eishockey-Spielermarkt in der ICE Hockey League gewaltig aufmischen. Mit frischen Millionen und wohl auch mit neuen Namen. Der aktuelle U20-Teamchef und VSV-Nachwuchsleiter Philipp Pinter übernimmt bekanntlich die sportliche Führung der Grazer, Harry Lange wird ab kommender Saison als Trainer fungieren. Damit wurden zwei Ex-Cracks der 99ers und Eishockey-Experten im Klub reintegriert. Soviel zur Ausgangsposition.

Jerich hat sich zum Ziel erklärt, dass Graz wieder eine führende Adresse im heimischen Eishockey werden soll. Und dafür braucht es, wie alle Verantwortlichen der 99ers wissen, eine gewisse individuelle Qualität, Klasse und vor allem Strahlkraft im Kader der ersten Mannschaft. In den vergangenen Wochen haben die Grazer ihre Fühler bereits intensiv ausgestreckt und dürften, wie aus Agentenkreisen zu erfahren ist, den Markt aufmischen. Heimische Akteure, die in der Vergangenheit oft zittern mussten und beim neuen Vertrag sogar finanzielle Einbußen in Kauf genommen hatten, haben heuer insofern deutlich bessere Karten. Auch in puncto Gehaltserhöhung.

Haudum bestätigt: „Sind im Kontakt“

Mit Lukas Haudum taucht der erste prominente Name auf der Einkaufsliste von Graz bzw. Pinter auf. Der 26-jährige Linzer ist seit 2019 beim KAC engagiert, gilt als Führungsspieler und gehört auch zu den Stammkräften Österreichs bei Eishockey-WMs. In fünf Saisonen bei den Rotjacken sorgte er für insgesamt 133 Scorerpunkte, und steigerte seinen Punkteschnitt von 0,59 pro Spiel (Grunddurchgang) auf 0,76 in der entscheidenden Phase (Play-off). Sein Vertrag bei den Klagenfurtern läuft mit Saisonende aus. „Ich habe schon mitbekommen, dass in Graz etwas im Entstehen ist. Wir sind bereits im Kontakt“, bestätigt Haudum.

Konkretes soll noch nicht vorliegen. Einem Wechsel über die Pack zeigt sich der variabel einsetzbare Stürmer jedoch nicht abgeneigt. „Bis vor Kurzem hätte ich das nicht für möglich gehalten, dass Graz eine Option ist. Ich fühle mich beim KAC sehr wohl. Aber mittlerweile kann ich nicht behaupten, dass es für mich kein Thema wäre.“ Stichhaltige Argumente? „Ich bin ehrlich. Geld spielt natürlich eine wichtige Rolle, die Karriere eines Eishockey-Profis ist begrenzt. Und: Es gab gute Gespräche. Graz verfügt über einen Plan.“

Grazer drücken aufs Tempo

Viel Bedenkzeit wollen sich Spieler mit einem Graz-Angebot nicht gönnen. „Es war herauszuhören, dass die 99ers ziemlich rasch hinsichtlich Kader ein Grundgerüst erstellen wollen.“ Und bei Haudum spricht offenbar nicht viel dagegen, dass er diesem nicht angehören soll. Ob eine Vertragsunterschrift noch vor dem Jahreswechsel möglich sei? „Theoretisch ist alles möglich.“ Haudum soll nicht der einzige namhafte Österreicher sein, der nächste Saison in der Murstadt spielt.

So werden bei Vienna Capitals, Black Wings Linz, VSV aber auch Red Bull Salzburg oder KAC die Kaderlisten nach auslaufenden Verträge abgegrast. Gewünschte Premium-Spieler dürften etwa Florian Baltram, Ali Wukovits, Mario Huber, Manuel Ganahl, Lukas Kainz aber auch Rotjacken-Kapitän Thomas Hundertpfund sein. Auch ein Angebot für Nick Petersen würde nicht überraschen. Damit wollen die 99ers den Spieß nun offenbar umdrehen, nach einigen Wechseln von Graz nach Klagenfurt. „Es wird ziemliche Veränderungen geben. Die 99ers versuchen Spieler nach Graz zu holen, die bislang beidseitig keine Option gewesen sind. Sie wollen den Kader mit Österreichern aufwerten“, ist von den Agenten zu hören. Schon jetzt sich damit die ersten Ausrufezeichen mit Präsident Jerich gesetzt.