Wenn ein Schlüsselspieler für mehrere Wochen ausfällt, ist es nie eine gute Nachricht. Im Fall von Gregory Wüthrich ist bei und rund um Sturm dennoch eine gewisse Erleichterung zu spüren. Befürchtet wurde beim Abwehrchef ein Kreuzbandriss, diagnostiziert wurde bei einer genauen Untersuchung in Graz eine Verletzung der Kapsel-Band-Strukturen. Beide Kreuzbänder am rechten Knie haben keinen Schaden genommen, eine Operation ist nicht notwendig. Die Reha geht in Graz über die Bühne.
Das schwarz-weiße Aufatmen ist verständlich. Als Wüthrich bei der 1:2-Niederlage gegen Stade Brest im Stade de Roudourou nach rund zehn Spielminuten vom Platz gebracht wurde, stand der Schock allen Beteiligten ins Gesicht geschrieben. Nach Spielende dominierte neben dem Ärger über die Niederlage die Sorge um den Schweizer Neo-Teamspieler. Auch am Heimflug aus der Bretagne war Wüthrich das Gesprächsthema Nummer eins. Der 29-Jährige selbst saß Freitagmittag nicht im Mannschaftsflieger, sondern trat die Heimreise bereits am Morgen in der Maschine des Youth-League-Teams an, um sich so zeitig wie möglich untersuchen zu lassen.
„Der Schock saß bei uns allen, sowohl in der Mannschaft als auch im Betreuerteam, tief. Jeder fühlte mit Gregi“, berichtete Geschäftsführer Sport Andreas Schicker, „diese – den Umständen entsprechend – positive Nachricht freut uns, auch wenn uns Gregi natürlich trotzdem eine Zeit lang fehlen wird, was sportlich schmerzt und uns in dieser Zeit einen wichtigen Leader unserer Mannschaft kostet.“
Dies ist angesichts des intensiven Programms mit zahlreichen englischen Wochen ärgerlich, aber kein Vergleich mit dem Verlust, den ein Kreuzbandriss bedeutet hätte. Hier hätte man mit einer Ausfallszeit von zumindest einem halben Jahr rechnen müssen, die Saison des Abwehrspielers wäre womöglich bereits gelaufen gewesen.
„Ein herber Verlust für uns, aber wir haben einen großen Kader mit vielen guten Spielern“, meinte mit Emanuel Aiwu Wüthrichs Nebenmann in der Innenverteidigung. Jon Gorenc-Stankovic sah es ähnlich: „Gregi ist ein super Spieler, aber wir mussten schon öfter Ausfälle kompensieren. Andere Spieler sind bereit. Ich weiß, dass sie einen guten Job machen werden.“
Einige Optionen, um Wüthrichs Fehlen aufzufangen
Sturms flexibler Kader gibt einige Möglichkeiten her, das Fehlen des Routiniers aufzufangen. Gegen Brest wählte Trainer Christian Ilzer die Variante, Max Johnston als Rechtsverteidiger zu bringen, Jusuf Gazibegovic auf links zu stellen und dafür Dimitri Lavalee anstelle von Wüthrich nach innen zu rücken. Dass der Belgier nun vermehrt im Abwehrzentrum aufläuft, wäre ohnehin logisch. Also könnte sich auf der linken Seite für Neuzugang Emir Karic die Chance auf mehr Spielzeit ergeben. Mit Niklas Geyrhofer steht zudem ein direkter Ersatz zur Verfügung, der angesichts der Gelb-Rot-Sperre von Lavalee im Champions-League-Duell mit dem FC Brügge ausgezeichnete Karten für einen Platz in der Innenverteidigung haben sollte. Mit dem hochgelobten Arjan Malic scharrt zudem ein 19-jähriger Youngster in den Startlöchern. Stankovic schmunzelte beim Hinweis, dass er schon oft in seiner Karriere als Innenverteidiger auflief. Bei Sturm war dies letztmals jedoch vor drei Jahren der Fall.
Wüthrichs Glück im Unglück bedeutet in persönlicher Hinsicht, dass die Chance auf weitere Champions-League-Minuten intakt sein sollte. Bei seiner zuvor einzigen Teilnahme an der Königsklasse kam er bei Young Boys Bern verletzungsbedingt lediglich auf eine einzige Einsatzminute. Diesmal sagte der Verletzungsteufel nach wenigen Minuten Hallo. „Wie in einem schlechten Film“, hieß es in Guingamp. Gut, dass das Drehbuch eine Art Happy End vorgesehen hatte.