Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) bezeichnete es als "Herzensanliegen", die Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch in Krisenzeiten zu stärken, als vor zehn Tagen die neue Sonderbetreuungszeit präsentiert wurde: Wenn Eltern ihre Kinder zu Hause betreuen müssen, weil die Schule oder der Kindergarten schließt oder das Kind in Quarantäne muss, haben sie bis Ende des Schuljahres Rechtsanspruch auf Sonderurlaub. Die Arbeitnehmer bekommen in dieser Zeit ihr volles Gehalt, die Arbeitgeber bekommen die Kosten vollständig ersetzt.

Für den Lockdown bis zum 7. Dezember, in dem auch die Volksschulen und Unterstufen auf Fernlehre umstellen und empfohlen wird, Kindergartenkinder möglichst zu Hause zu lassen, gilt die Regel allerdings nicht.

Betreuung in den Schulen möglich

Im Gesetzesentwurf ist nämlich klar ausgewiesen, dass der Rechtsanspruch nur dann besteht, wenn Schulen oder Kindergärten "durch behördliche Anweisungen teilweise oder vollständig geschlossen" werden. Zudem müssen die Arbeitnehmer "alles Zumutbare unternehmen, damit die vereinbarte Arbeitsleistung zu Stande kommt."

"Man kann darüber diskutieren, ob der Lockdown als 'teilweise Schließung' definiert wird", sagt der Arbeitsrechtsexperte Martin Gruber-Risak von der Universität Wien: "Nachdem die Schulen und Kindergärten aber die Möglichkeit zur Betreuung anbieten, ist das eine zumutbare Alternative für Eltern."

Auch Arbeitgebervertreter interpretieren die Rechtslage so: Durch das offizielle Offenhalten der Schulen auch im strengen Lockdown habe sich die Sonderbetreuungszeit erübrigt, heißt es in einer Stellungnahme.

Gesetz noch nicht in Kraft

Bundeskanzler Sebastian Kurz erklärte am Sonntag in der Pressestunde, dass die Sonderbetreuungszeit im aktuellen Lockdown nicht zur Anwendung kommt: "Das ist für den Fall konzipiert, dass ganze Schulen geschlossen werden müssen, etwa wegen einer Coronainfektion bei Lehrern." Aus dem Büro der zuständigen Ministerin Aschbacher wird das bestätigt: "Wo Kindergärten und Schulen momentan geschlossen sind, das heißt keine Kinderbetreuung angeboten wird, gibt es natürlich einen Rechtsanspruch", heißt es.

Zudem ist das Gesetz über die neue Sonderbetreuungszeit, die ab 1. November rückwirkend gelten soll, noch gar nicht beschlossen. Über den Abänderungsantrag wird erst am Freitag im Nationalrat abgestimmt. Danach muss es den Bundesrat passieren. Erst am Mittwoch passierte das Gesetz den Sozialausschuss des Nationalrats. Die Änderung war von ÖVP, SPÖ und Grünen vorgeschlagen worden und erhielt eine breite Mehrheit.

"Es gibt hier definitiv Nachbesserungsbedarf", so Gruber-Risak: "Ein Abänderungsantrag im Plenum des Nationalrats könnte die Regelung etwa auf die Situation bis zum 6. Dezember ausdehnen."