Herr Peschorn, Airbus hat in den USA zugegeben, beim Verkauf der Eurofighter an Österreich 55 Millionen Euro an „politischen Zuwendungen“ geleistet zu haben. Was heißt denn das für die Ansprüche der Republik?

Wolfgang Peschorn: Es bestätigt die Vorwürfe, die die Republik 2017 mit ihrer Strafanzeige erhoben hat: dass in dem Kaufpreis von rund zwei Milliarden Euro 183,4 Millionen enthalten waren, die Airbus im Umfang von 114 Millionen an das Vector-Briefkastennetzwerk in die Karibik ausgeschleust hat – und von denen weitere 55 Millionen 14 anderen Empfängern zugegangen sind.

Waren das Bestechungsgelder?

Das behaupten manche. Aber für uns steht das gar nicht im Mittelpunkt, sondern dass wir bei der Zahlung des Kaufpreises getäuscht wurden – weil für den Kaufpreis im Umfang des Teilbetrags von 183,4 Millionen kein Gegenwert bei den Fliegern bestand. Für den Betrug reicht es, dass wir darüber getäuscht wurden; übrigens wurde auch Minister Darabos 2007 diese Information vorenthalten. Falls diese 55 Millionen dazu gedient haben, zum Beispiel Amtsträger zu bestechen, wäre dies für unsere Vertragspartner natürlich noch kritischer.

Kann sich die Republik das Geld zurückholen?

Wir haben Wiedergutmachung eingefordert, indem wir uns als Republik dem Strafverfahren als Privatbeteiligter angeschlossen haben und mindestens 183,4 Millionen Euro geltend machen. Je nachdem, wie das Eingeständnis von Airbus nun zu werten sein wird, kann man über weitere Ansprüche nachdenken.

Wie weit kann das gehen?

Theoretisch bis zur Rückabwicklung des Vertrages.

Das heißt, maximal geht es so weit, dass wir die Flieger zurückgeben und einen Milliardenbetrag zurückbekommen könnten?

Genau. Weil herausgekommen ist, dass der Eurofighter im Betrieb sehr teuer ist. Und weil wir ja noch einen zweiten Betrugsvorwurf erhoben haben: Auf Grund der Beweislage war Eurofighter nie fähig, die ursprünglich bestellten und geschuldeten Eurofighter der Tranche 2 zu liefern. Darüber wurde Verteidigungsminister Norbert Darabos 2007 beim „Vergleich“, bei dem Österreich Jets der ersten Tranche akzeptierte, fortgesetzt getäuscht.

Wolfgang Peschorn, im Expertenkabinett von Brigitte Bierlein Innenminister, ist nun wieder Präsident der Finanzprokuratur - eine Funktion, die der Spitzenbeamte seit 2006 bekleidet.
Wolfgang Peschorn, im Expertenkabinett von Brigitte Bierlein Innenminister, ist nun wieder Präsident der Finanzprokuratur - eine Funktion, die der Spitzenbeamte seit 2006 bekleidet. © APA/GEORG HOCHMUTH

Sie sind hier seit 2006 im Amt. Wie lange wird Sie dieses Verfahren noch begleiten?

Das kann man nie sagen. Wichtig ist, einen langen Atem und eine klare Strategie zu haben. Ich bin froh, dass es mit Klaudia Tanner eine Verteidigungsministerin gibt, die klar sagt, sie will Wiedergutmachung.

Es gibt kaum einen besser untersuchten Beschaffungsvorgang in Österreich. Warum geht das nicht schneller?

Wenn die Vermutungen stimmen, war der Plan, dass sich die Republik die Korruption durch einen zu hohen Kaufpreis selbst zahlt. Und wenn diese These stimmt, muss es Menschen geben – die nicht in der ersten Reihe stehen, aber die ganz offensichtlich in Österreich tätig sind –, die Interesse daran haben, ein Durchgreifen zu verhindern.

Ich nehme an, Namen werden Sie jetzt keine nennen.

Nein. Aber es sind jene, die ich als „Berater- und Interessensnetzwerk“ bezeichne: Personen, die gegenüber der Republik illoyal sind, um an solchen Deals partizipieren zu können – und auch nicht offen auftreten.

Was kann man für künftige Beschaffungsvorgänge lernen?

Meine Empfehlungen aus 2017 sind klar: Erstens sollte es keine „Gegengeschäfte“ mehr geben. Und zweitens muss vom ersten Moment an größte Transparenz herrschen. Der Hersteller muss der einzige Ansprechpartner sein – Lobbyisten, Provisionisten, Berater haben hier nichts mehr zu suchen.