Es ist das beste Ergebnis, das die Grünen bei Nationalratswahlen je erzielt haben, rund 14 Prozent, nur noch knapp hinter der FPÖ. Und das nur zwei Jahre nach dem schlechtesten Ergebnis seit dem Einzug ins Parlament – einem Debakel, das die Auch- schon-Traditionspartei nach 30 Jahren in hohem Bogen von der politischen Hauptbühne wegkatapultiert hatte.

Die Grünen sind durch ein Tal der Tränen gegangen – Kündigungen, Kredite bei den Landesparteien, um den Bankrott zu vermeiden, Zweifel an der eigenen Kraft. An diesem Wahlabend sind es Tränen der Erleichterung, die so mancher vergießt, als die erste Hochrechnung veröffentlicht wird.

Alev Korun ist da, sie war eine der Speerspitzen im Parlament bis 2017; der grüne Bürgermeister Georg Willi, der in Innsbruck gezeigt hat, dass die Grünen noch Zukunft haben; der Oberösterreicher Rudi Anschober, lebendiger Beweis dafür, dass eine Koalition von Schwarz und Grün möglich ist. Und erfolgreich sein kann.

Sie alle wollen heute feiern. „Und wir werden uns das heute auch nicht wegreden lassen“, sagt eine Funktionärin Stunden, bevor sie weiß, dass es so ein fulminanter Erfolg wird.

Die Koalitionsfrage

Die Koalitionsfrage soll noch kein Thema sein an diesem Abend. Und dann ist sie es doch. Als endlich auch Werner Kogler die Bühne betritt – zu diesem Zeitpunkt ist das Wiener Metropol bereits berstend voll –, erhebt sich ohrenbetäubender Jubel, ehe der grüne „Guru“ die Kameraleute, die ihn auch auf der Bühne bedrängen, gar nicht freigeben wollen für die Fans, kurzerhand zur Seite schiebt und ganz vorne, am Rande der Bühne tänzelt, um niemanden mehr zwischen sich und die Seinen kommen zu lassen.

Und dann lässt er es raus: die Erleichterung, die Freude, das Wissen darum, dass es noch schwierige Wochen sein werden, die vor ihm liegen. „Das ist das größte politische Comeback der Zweiten Republik, aber darum geht es nicht: Es geht darum, dass es wieder eine Gegenbewegung gibt, eine Alternative zu diesem rechtsextremen Wahnsinn, zu den angeblichen Mittelparteien, die sich rechtspopulistisch verhalten. Und die diesen Kurs fortsetzen wollen!“

Botschaft an den möglichen Regierungspartner Sebastian Kurz
Botschaft an den möglichen Regierungspartner Sebastian Kurz © APA/AFP/JOE KLAMAR

"Buddeln nach Bibelstellen"

Mit einer „blau-blauen Regierung“ habe man es zuletzt zu tun gehabt. „Aber vielleicht buddeln jetzt manche in der ÖVP schon nach den vergrabenen Bibelstellen.“

Die Grünen hätten ihren eigenen Auftrag bekommen: „Österreich beim Klimaschutz zur Nummer eins machen, Kinderarmut bekämpfen, nicht die armen Kinder, und einen großen Schritt in Richtung korruptionsfreies Österreich machen.“

Kogler war schon 2002 dabei, als die Grünen monatelang mit der ÖVP verhandelten, um dann vom Tisch gewiesen zu werden. Diesmal will man es andersherum machen: Man werde ehebaldigst einen Entwurf für das „strengste Transparenz- und Parteiengesetz in Europa“ im Parlament einbringen. „Da werden wir dann sehen, wie sich die Sektenmitglieder der Kanzlerpartei verhalten. Daran werden wir erkennen, ob es eine Bereitschaft zur Umkehr gibt.“

Vor den Landtagswahlen

Nach der Wahl ist vor der Wahl: „Es sind noch viele da draußen, mit denen uns vieles eint, das sage ich nicht nur wegen der kommenden Landtagswahlen, sondern weil wir wieder gelernt haben, für unsere Überzeugungen zu laufen und andere zu überzeugen.“

Man ist bereit zu verhandeln, aber man ist nicht zum „Billigtarif“ zu haben. Der Ball liegt bei Kogler. Die Basis ist bereit, ihm zu folgen. Ob Kogler selbst Interesse an einem Regierungsamt hat, lässt er offen.

Grüner Jubel
Grüner Jubel © APA/ROLAND SCHLAGER