Der große Wurf in Sachen Ökologisierung blieb bei der am Dienstag präsentierten Steuerreform aus. Wenn das so bleibt, wird es teuer: Bis 2030 muss Österreich ohne zusätzliche Maßnahmen Emissionszertifikate in der Höhe von bis zu 6,6 Milliarden Euro zukaufen, bestätigte Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung Schätzungen von Wissenschaftern.

"Spielraum für Steuerreform gefährdet"

Für Bruno Rossmann, Klubobmann der Liste "Jetzt", die die Anfrage einbrachte, ist damit auch der Spielraum für die gerade erst angekündigte Steuerreform geringer als von der Regierung proklamiert. "Denn die nach 2020 drohenden Strafzahlungen von bis zu 6,6 Milliarden Euro sind so nicht budgetiert."

"Wenn Bundeskanzler Sebastian Kurz auf Nachfrage meint, wir sollten uns ausgerechnet bei der Ökologisierung gedulden, ist das eine Farce. Gerade beim Klima kostet uns diese Geduld - zuerst Milliarden, dann die Zukunft." Laut Rossmann hätte sich dieses Problem gar nicht erst ergeben müssen. Eine ökosoziale Steuerreform hätte sowohl den Faktor Arbeit entlastet als auch das Verfehlen der Klimaziele verhindert "und das auch noch aufkommensneutral, also ohne Fantasie-Einsparungen".

Zentrale Bestandteile einer ökologischen Steuerreform statt der geplanten Maßnahmen wären laut Rossmann eine CO2-Steuer sowie die Streichung einiger umweltschädlicher Förderungen. Private Haushalte könnten durch einen Klimabonus und die Unternehmen durch eine Senkung der Lohnnebenkosten entlastet werden.

Auch Grüne und KA für Öko-Steuern

Die Forderung nach einer Ökologisierung des Steuersystems wurde am Donnerstag auch von den Grünen und der Katholische Aktion (KA) bekräftigt. Dass die türkis-blaue Regierung Schritte zur Ökologisierung erst für später angekündigt hat, bezeichnete Grünen-Chef und EU-Spitzenkandidat Werner Kogler wörtlich als "hirnrissig".

Heruntergerechnet könnten die Kompensationszahlungen, die Österreich bei Verfehlen der Pariser Klimaziele leisten wird müssen, an die 1.000 Euro pro Einwohner ausmachen, rechnete der Grüne in einer Aussendung am Donnerstag vor. Statt eines nationalen Klimaschutzplans ortet Kogler lediglich ein "Klimaschutzloch". "Die Regierung geht mit jedem Schritt in die falsche Richtung", so der Grüne.

Auch die KA sprach sich für höhere Steuern auf jene Energieformen, die für die Erwärmung des Weltklimas verantwortlich sind, sowie für die Streichung umweltschädlicher Subventionen und die Auszahlung eines Öko-Bonus aus. Die Aufheizung des Weltklimas verursache in Österreich bereits hohe wirtschaftliche Schäden. So bezifferten allein die österreichischen Bundesforste die jährlichen wirtschaftlichen Verluste durch Schäden infolge des Klimawandels auf mindestens 15 bis 20 Millionen Euro, warnte der Wiener KA-Präsident Walter Rijs.

Bis zu 6,6 Milliarden

Köstinger gibt in der vom "Standard"  zitierten Anfragebeantwortung zu, dass zwischen 2021 und 2030 - je nach CO2-Preis - kumuliert Kosten in der Höhe von 1,3 bis zu 6,6 Milliarden Euro für den Ankauf von Emissionszertifikaten anfallen könnten. Dabei wurde von Preisen zwischen 20 und 100 Euro je Tonne CO2 ausgegangen. Damit bestätigt die Ministerin Berechnungen mehrerer Wissenschaftler, die bereits in den vergangenen Jahren vor den hohen Kosten des Klimawandels warnten.

Die - zumindest aus Budgetsicht - gute Nachricht: Bis 2020 werden auf Österreich keine zusätzlichen Kosten für den öffentlichen Haushalt anfallen, da noch "ungenutzte" Emissionsrechte aus der Vergangenheit übrig sind. Danach müssen sich Bund und Länder die Kosten für den Ankauf von Klimaschutzzertifikaten teilen, wobei der Bund mit 80 Prozent den Löwenanteil der Kosten stemmen muss.

Ziele seit 2017 verfehlt

Österreich hat 2017 erstmals die nationalen Klimavorgaben verfehlt, der Treibhausgasausstoß ist im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 Prozent gestiegen. Wissenschafter des Grazer Wegener Center gehen davon aus, dass die Republik aber auch 2018 und - nach derzeitigen Prognosen - 2019 und 2020 am Zielpfad vorbeischießen wird. Aus einer Präsentation, die im März im Rahmen einer Tagung des Nationalen Klimaschutzkomitees gezeigt wurde, gehen ähnliche Berechnungen hervor.

Laut Anfragebeantwortung werden die Treibhausgase außerhalb des Emissionshandels mit bestehenden Maßnahmen jedenfalls bis 2020 zurückgehen - und zwar auf 50,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr. Konjunkturschwankungen und Witterungsbedingungen sind nicht einberechnet. Zur Einordnung: Für dasselbe Jahr wurde Österreich seitens der EU-Kommission eine Höchstmenge von 47,8 Millionen Tonnen CO2 vorgegeben.

(Noch) kein Druck auf CO2-Steuer

Auch das Thema CO2-Steuer wurde in der parlamentarischen Anfrage, die von Abgeordneten der Liste JETZT eingebracht wurde, auf den Tisch gebracht. Sie könnte, so Köstinger, einen Beitrag zur Dekarbonisierung des Energie- und Mobilitätssystems darstellen. "Andere Lenkungsmaßnahmen und Anreize sind jedoch ebenso bedeutsam", relativierte die Ministerin und verwies auf einen notwendigen "ausgewogenen Instrumentenmix".