Selten hat es vor einer Bundesratssitzung so viele Last-minute-Verhandlungen, Briefwechsel und flammende Appelle gegeben wie vor jener, in der die Länderkammer heute über die Novelle des Ökostromgesetzes entscheiden wird. Umweltministerin Elisabeth Köstinger hat noch am Mittwoch per Brief an Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser versucht, die SPÖ zu überzeugen, nicht gegen das Gesetz zu stimmen – wohl vergeblich.

Jörg Leichtfried, stellvertretender Klubobmann der SPÖ, bekräftigte noch einmal per Aussendung, die 21 roten Mitglieder des Bundesrats würden heute, Donnerstag, die Novelle zu Fall bringen.
Möglich ist das – normalerweise kann der Bundesrat Gesetzesbeschlüsse nur aufschieben, nicht verhindern –, weil das Ökostromgesetz und seine Novelle per Verfassungsbestimmung das Mitspracherecht der Länder umgeht. Das braucht aber Zweidrittelmehrheiten in Nationalrat und Bundesrat.

Bleibt SPÖ hart, kippt das Gesetz

In Ersterem haben die Neos mit der türkis-blauen Koalition gestimmt, aber im Bundesrat ist eine Zweidrittelmehrheit gegen die 21 SPÖ-Mandatare (von 61 insgesamt) nicht möglich. Selbst wenn, wie sie es angekündigt haben, die beiden verbliebenen grünen Bundesräte mit der Koalition stimmen: Bleiben die 21 SPÖler hart, kippt der Bundesrat heute zum allerersten Mal ein Gesetz.

In der Sache geht es darum, ob die Ökostrom-Förderungen für 47 Biomasse-Kraftwerke – etwas mehr als ein Drittel aller geförderten –, die 2017 bis 2019 auslaufen, bis Jahresende fortgeschrieben werden. Mit Anfang 2020 soll eine gänzlich neue (noch zu beschließende) Ökostromförderung in Kraft treten, es geht also um eine Überbrückung, ohne die die meisten dieser Kraftwerke schließen müssen. Kostenpunkt für diese Überbrückung: rund 140 Millionen Euro.

Fühlt sich überrumpelt

Die SPÖ macht dagegen aus mehreren Gründen mobil: Einerseits fühlt sie sich dadurch überrumpelt, dass die Koalition die Novelle als Initiativantrag im Parlament eingebracht hat, statt durch einen umfassenden Begutachtungsprozess zu gehen. Außerdem kritisiert Leichtfried, dass in dem Gesetz keine konkreten Fördertarife festgeschrieben werden, sondern von der Ministerin per Verordnung festgelegt werden – das war zwar in dem 2012 unter der rot-schwarzen Koalition verabschiedeten Ökostromgesetz genauso, sei aber zu intransparent. Zuletzt erklärte SPÖ-Energiesprecherin Muna Duzdar, die in einem kursierenden Verordnungsentwurf genannten Förderbeträge seien zu niedrig.

"Gefährdet Arbeitsplätze"

Aufseiten der Regierung hält man dem entgegen, die SPÖ gefährde mit ihrer Blockadehaltung nicht nur 47 Holzkraftwerke – der Großteil davon in SPÖ-geführten Gemeinden, etwa das größte Werk in Wien – und mehrere Tausend Arbeitsplätze, sondern stärke auch die Abhängigkeit von Atomstrom-Importen. Holzkraftwerke lieferten in Österreich rund doppelt so viel Energie wie Photovoltaik-Anlagen – zu wesentlich geringeren Fördersätzen pro Kilowattstunde. Zuletzt seien die Anlagen wichtig für Forstwirte, die unter Schäden durch Sturm und Borkenkäfer litten und keine andere Möglichkeit hätten, als ihr Holz an Kraftwerke zu verkaufen.

Wie das Match heute ausgeht, bleibt bis zuletzt spannend: Wenn auch nur ein SPÖ-Abgeordneter bei der Abstimmung fehlt oder gegen die Parteilinie stimmt, hat die Koalition ihre Mehrheit – und die Briefwechsel hätten sich ausgezahlt.