Wie hält es die SPÖ künftig mit Asylpolitik und Migration? „Weltoffen und tolerant“ werde das neue Parteiprogramm ausfallen, hatte Parteichef Christian Kern am Mittwoch erklärt. Ein Schwerpunkt sei der Klimaschutz. Als Kern dazu auch noch publicityträchtig mit dem Fahrrad durch die Wiener City fuhr, waren es zumindest dem Burgenländer Hans-Peter Doskozil der Schlüsselreize zu viele: „Wir dürfen keine grün-linke Fundi-Politik betreiben“, richtete er dem Parteichef über die Medien aus. Sonst schaffe sich die SPÖ selber ab.

Seither müht sich die Partei, die Differenzen kleinzureden. Doskozil habe seine Worte „nicht als Kritik, sondern als Hinweis auf die inhaltliche Breite der Partei“ gemeint, sagt Kärntens SPÖ-Chef Peter Kaiser. Er muss es wissen, führt er doch gemeinsam mit Doskozil jene Arbeitsgruppe, die das Migrationsthema bearbeitet.

Zuletzt legte Kaiser dem SPÖ-Vorstand einen Zwischenbericht vor, der mit „Applaus“ bedacht worden sei. Überhaupt sei die Stimmung in den Parteigremien am letzten Dienstag außerordentlich gut gewesen. Inhaltlich fordert die SPÖ, dass der Nationalrat einen ständigen Migrationsausschuss bilden soll, der jährlich einen Migrationsbericht legt. Kaiser: „Das Thema bleibt uns erhalten und darf nicht billig instrumentalisiert werden.“

Kein Widerspruch

Das „blaue“ Thema Migration und das „grüne“ Thema Klimaschutz stehen für Kaiser nicht zueinander im Widerspruch, sondern hängen zusammen – Stichwort Klimaflüchtlinge. Wolle man Migration eindämmen, müsse man vieles tun: „Wir brauchen mehr Demokratie, gerechtere Handelsverträge, geringere globale Einkommensunterschiede und eine neue Agrarpolitik“, listet der Kärntner auf.

Kern selbst meldete sich am Freitag über Facebook zu Wort: Nur durch Klimaschutz könne Massenmigration eingedämmt werden. „Manche möchten vielleicht noch geneigt sein, dieses Thema als Randerscheinung abzutun“, so sein Posting. Doch der Kampf gegen den Klimawandel bleibe „ein Kampf für soziale Gerechtigkeit“.

Schickhofer: "Viele Lebensbereiche abdecken"

Die Quadratur des Kreises im SPÖ-Richtungsstreit sucht auch der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer: „Wir sind die sozialdemokratische Partei der Mitte und müssen viele Lebensbereiche abdecken. Sicherheitspolitik hat auf dem Land Priorität, aber auch der Klimaschutz hat seine Berechtigung.“ Ähnlich der burgenländische Noch-SPÖ-Chef und Landeshauptmann Hans Niessl: Sowohl Kerns als auch Doskozils Sicht hätten ihre Berechtigung.

Auf die da und dort aufflackernde Personaldebatte – Kern oder Doskozil als künftiger Bundesparteichef – lässt sich Schickhofer nicht ein: „Wir brauchen beide Personen in der Partei.“ Schickhofer, der intern als Vertrauter von Kern fungiert, wird demnächst mit Doskozil zusammentreffen, um in dem Disput zu kalmieren.

Dass die Debatte, wie ein hoher SP-Funktionär sagt, „überwiegend der Saure-Gurken-Zeit geschuldet“ sei, ist freilich Wunschdenken. Die SPÖ sucht unter Kerns Ägide ein betont linkes Profil, hat sich aber seit der Wahl schrittweise an eine schärfere Asylpolitik herangetastet. Schon im Programmentwurf vom Mai steht drin, dass Schutzsuchenden „am besten in Nähe ihrer Heimatländer geholfen werden kann“. Gefordert wird dort ein „funktionierender EU-Außengrenzschutz“.

Oberösterreichs SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer hat für Doskozil einen Rüffel parat: „Die paar Zwischenrufe aus dem Burgenland gehen im Neusiedlersee unter.“ In Wien, wo Michael Ludwig einen konservativen Kurs fährt, herrschte am Mittwoch beredtes Schweigen.