Die deutschen Sozialdemokraten haben scharfe Kritik an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) für dessen Festhalten an der Koalition mit der FPÖ geübt. "Der konservative Kanzler Kurz hat die FPÖ hofiert und ist in diesem Bündnis mit Hetzern und Spaltern nun gefangen", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der "Welt". Die ÖVP wies die Kritik zurück.

In Österreich zeige sich "sehr bedrohlich, was passiert, wenn Rechtspopulisten in Verantwortung kommen", meinte Klingbeil. "Das muss für uns alle eine Warnung sein. Die Abwehrkräfte der Konservativen in Europa erschlaffen immer mehr." Dass EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) ausgerechnet Kurz statt der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel als wichtigsten Wahlkampfhelfer für die Europawahl engagiere, zeige, dass die Union "hierzulande ihren Kompass" verliere.

Auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Deutschen Bundestag, Agnieszka Brugger, attackierte Kurz. "Es wirkt hilflos und unglaubwürdig, wie Kanzler Kurz sich einerseits verbal distanzieren möchte und andererseits die gemeinsame Regierung fortsetzen will, als wären die krassen Tabubrüche nicht passiert", sagte Brugger der "Welt".

"Bevölkerungsaustausch"

Die FPÖ war zuletzt wiederholt in die Kritik geraten, unter anderem wegen ihres Vorgehens gegen Journalisten des öffentlich-rechtlichen Senders ORF. Für Aufregung sorgte auch, dass Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit dem rechtsextremen Kampfbegriff "Bevölkerungsaustausch" weiter Wahlkampf für die Europawahl machen will. Strache wies Kritik an dem eindeutig konnotierten Begriff am Mittwoch als "Wortklauberei" zurück. Kurz hatte am Dienstagabend in der "ZiB2" auf mehrmalige Nachfrage zu dem Begriff gemeint: "Natürlich ist das etwas, was mir nicht gefällt, sonst würde ich das Wort ja selbst verwenden."

Der stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende Georg Pazderski verteidigte das Bündnis von Kurz mit der FPÖ in der "Welt". Es sei nur "konsequent", dass Kurz und Strache "ihre bisher sehr erfolgreiche Arbeit in der schwarz-blauen Koalition fortsetzen". Österreich zeige insbesondere in der Migrations- und Steuerpolitik, "wie man es richtig macht". Deutschland sollte sich daran ein Beispiel nehmen.