Gavin Newsom gibt sich trotzig. „Nehmt mich halt fest. Lasst es uns hinter uns bringen. ... Ist mir völlig egal“, sagt der Gouverneur des US-Staates Kalifornien kämpferisch in die Kamera. Zuvor hatte Tom Homan - der Mann, der die Abschiebepolitik von US-Präsident Donald Trump durchsetzen soll - Newsom mit einer Festnahme gedroht und dabei auch Rückdeckung von ganz oben erhalten. Gegenüber Journalisten nannte Trump Homans Vorschlag eine gute Idee und eine „großartige Sache“.

Der Republikaner hatte am Wochenende seine Macht demonstriert und den Einsatz der Nationalgarde gegen den erklärten Willen Newsoms in Kalifornien befohlen. In der Nacht auf Dienstag legte Trump noch einmal nach und kündigte an, neben weiteren Nationalgardisten auch 700 Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte nach Los Angeles zu schicken, um die teils gewalttätigen Proteste in der Millionen-Metropole zu unterbinden. Die Marines, die zu den US-Eliteeinheiten gehören, sollen laut dem Verteidigungsministerium Bundeseigentum schützen. Gestern schloss Trump nicht mehr aus, den „Insurrection Act“ zu nutzen. Nationalgarde und Marineinfanteristen hätten dadurch weitgehendere Befugnisse. 

Ein vergleichbares Vorgehen, bei dem ein US-Präsident gegen den Willen eines Gouverneurs Truppen schickt, hatte es zuletzt 1965 gegeben. Damals setzte Lyndon B. Johnson zusätzlich zur Nationalgarde auch reguläre Soldaten ein, um während der Bürgerrechtsbewegung im Südstaat Alabama die fast ausschließlich schwarzen Demonstranten zu schützen.

Los Angeles ist Trump ein Dorn im Auge

Die aktuellen Proteste in Los Angeles hatten sich an zahlreichen Razzien der Einwanderungsbehörde ICE (Immigration and Customs Enforcement) entzündet, die auf Anweisung der Trump-Regierung verschärft gegen Migranten ohne Aufenthaltsrecht vorgehen soll, um diese auszuweisen. Los Angeles steht dabei besonders im Fokus. Ein erheblicher Anteil der Bevölkerung hat hispanische Wurzeln oder ist im Ausland geboren. Die Stadt ist zudem genau wie Kalifornien insgesamt eine Hochburg der Demokraten und damit dem Trump-Lager ein Dorn im Auge.

Los Angeles Riots: Debris of burned Waymo cars clean up LOS ANGELES, CALIFORNIA - JUNE 9: Workers clean up debris after violently burned five autonomous Waymo vehicles near the City Hall in Los Angeles, California on June 9, 2025 amid protests over immigration raids. Tayfun Coskun / Anadolu California United States. Editorial use only. Please get in touch for any other usage. PUBLICATIONxNOTxINxTURxUSAxCANxUKxJPNxITAxFRAxAUSxESPxBELxKORxRSAxHKGxNZL Copyright: x2025xAnadoluxTayfunxCoskunx

Am Dienstag hatte sich die Lage in Los Angeles zumindest vorübergehend beruhigt, die politische Debatte über Trumps als Tabubruch kritisiertes Vorgehen scheint aber nochmals an Fahrt gewonnen zu haben. So werfen Newsom und Karen Bass, die Bürgermeisterin von Los Angeles, dem Präsidenten vor, absichtlich eine Krise produziert zu haben, wo es keine Krise gab. Tatsächlich waren die Proteste laut der „New York Times“ auf einige wenige Straßenzüge beschränkt gewesen und zum Großteil friedlich geblieben, bis Montagabend wurden rund 60 Menschen verhaftet.

Trump macht die Krise zum Modus Operandi

Michael Madrid, ein republikanischer Politikberater, der dem US-Präsidenten kritisch gegenübersteht, sieht eine klare Strategie hinter Trumps häufigem Rückgriff auf vermeintliche Krisen oder Notfälle. „Das gibt ihm die Macht, abseits der normalen Maschinerie und der Regierungsbürokratie zu operieren“, sagt Madrid zur „Washington Post“. „Und er kann seine Gegner am Genick packen.“

Trump hatte auch schon die massiven Zölle, die er Anfang April gegen fast alle Staaten der Welt verhängt hatte, mit einem wirtschaftlichen Notfall gerechtfertigt. Die Sanktionen gegen Kanada begründete der Präsident mit der durch den angeblichen Schmuggel aus dem Norden befeuerten Fentanyl-Krise, Harvard und andere US-Eliteuniversitäten mussten sich von Trump nicht nur Antisemitismus und Meinungsdiktatur vorwerfen lassen, sondern auch einen dramatischen wissenschaftlichen Verfall.

Mehr als bei allen anderen Themen befindet sich Trump mit dem harschen Vorgehen in Kalifornien und der Erklärung einer Migrationsnotlage aber auf für die Republikaner vorteilhaftem Terrain. „Der Präsident hat exakt mit dem Thema einen überwältigen Wahlsieg eingefahren“, sagt Trumps Ex-Berater Stephen Bannon. „Seine Reaktion war ziemlich smart“. Tatsächlich ist die Migrationspolitik derzeit der einzige Bereich, in dem der Präsident bei Umfragen noch positive Zustimmungsraten erzielt, bei Wirtschaftsfragen stehen 58 Prozent der Befragten Trumps Kurs ablehnend gegenüber.