US-Präsident Donald Trump hat in der Debatte über eine Sicherheitspanne in einem Gruppenchat ranghoher Regierungsvertreter scharfe Kritik an den Europäern geäußert. Er warf den europäischen Verbündeten am Dienstag vor, „Schmarotzer“ zu sein. Trump äußerte sich auch abfällig über den Journalisten, der publik gemacht hatte, dass ranghohe US-Regierungsvertreter aus Versehen in einem Gruppenchat Angriffspläne des US-Militärs mit ihm geteilt hatten.

Trump sagte am Dienstag zu Reportern, er teile die Einschätzung seines Verteidigungsministers Pete Hegseth, der in dem Chat geschrieben haben soll, dass die Europäer von den USA „schmarotzen“ würden. „Ja, ich denke, sie haben schmarotzt“, sagte Trump. „Die Europäische Union hat sich uns gegenüber in Handelsfragen absolut schrecklich verhalten.“

Trump greift Journalisten an

Der US-Präsident attackierte auch den Chefredakteur des Magazins „The Atlantic“, Jeffrey Goldberg, der irrtümlich in die Chatgruppe im Messengerdienst Signal eingeladen wurde, in der sich Hegseth unter anderem mit US-Außenminister Marco Rubio und Vizepräsident James Vance über konkrete Angriffspläne gegen die vom Iran unterstützte jemenitische Houthi-Miliz austauschte. Goldberg sei ein „Widerling“, sagte Trump. Niemand „schere sich einen Dreck“ um die Enthüllungen. Es seien keine als Verschlusssache eingestuften Informationen in dem Chat geteilt worden, betonte Trump. Er sprach von einem „Ausrutscher“.

Das US-Magazin veröffentlichte mittlerweile den Chat zum US-Angriffsplan in voller Länge. In den Screenshots des Chats sind zahlreiche Details über die genauen Angriffszeiten und die dabei eingesetzten Flugzeuge enthalten. „The Atlantic“ entschloss sich nach eigenen Angaben zu der Veröffentlichung, nachdem die Regierung von US-Präsident Donald Trump mehrfach bestritten hatte, dass in dem nicht gesicherten Chat vertrauliche Informationen ausgetauscht worden seien.

Waltz nimmt Schuld „unverbindlich“ auf sich

Trumps Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz übernahm unterdessen die „volle Verantwortung“ für die Sicherheitspanne, wie er selbst sagte. „Ich habe diese Gruppe gegründet“, erklärte er am Dienstag in seinem ersten Interview seit Bekanntwerden der Vorfälle im Sender Fox News.

Waltz ließ zudem durchblicken, dass die Nummer des Journalisten möglicherweise in seinem Telefon gespeichert sei, weil er gedacht habe, es sei die Nummer von jemand anderem. Er kenne „The Atlantic“-Chefredakteur Goldberg nicht persönlich.

Trump „war nicht involviert“

Trump wies jegliche Rolle in der Affäre von sich. „Ich war nicht involviert“, sagte er dem rechten Sender Newsmax am Dienstagabend (Ortszeit). Zugleich zeigte er sich zufrieden mit den bisherigen Erklärungen seiner Kabinettsmitglieder zu dem Vorgang. Er fühle sich wohl mit dem, was er gehört habe.

Trump wies die Schuld einem Waltz-Mitarbeiter auf niedrigerer Ebene zu. Der Staatschef hatte Waltz zuvor im Weißen Haus in Schutz genommen und gesagt: „Er ist ein sehr guter Mann, und er wird weiterhin gute Arbeit leisten.“

Trump-Team beschimpft europäische Partner wüst

Dass ranghohe Regierungsmitglieder überhaupt sensible Informationen über die kommerzielle App Signal austauschen, löste Empörung aus. Dass dort Details über einen bevorstehenden Militärschlag erörtert wurden und versehentlich ein Journalist mit in die Gruppe aufgenommen wurde, sorgt für Fassungslosigkeit. Der Fehltritt schlägt hohe Wellen und machte über die USA hinaus Schlagzeilen.

In der Chatgruppe hatten sich die US-Regierungsvertreter Mitte März über geplante Angriffe auf die Houthi ausgetauscht, die darauf abzielen, die Attacken der Islamisten auf Handelsschiffe im Roten Meer zu beenden. In diesem Zusammenhang äußerten auch sie sich abfällig über die europäischen Verbündeten der USA. Ein Nutzer, der sich als Vance identifizierte, bekundete seinen Widerwillen, die Houthi anzugreifen, da dies aus seiner Sicht vor allem „den Europäern“ nutze. Hegseth beschimpfte die Europäer als „erbärmlich“ und bezeichnete sie als „Schmarotzer“.

Demokraten warnen vor Zerschlagung von zu viel Porzellan

Die oppositionellen Demokraten riefen Waltz und Hegseth wegen der Sicherheitspanne zum Rücktritt auf. Der demokratische Senator Mark Warner warf ihnen „schlampiges, nachlässiges und inkompetentes Verhalten“ vor.

Er warnte besorgt vor einer Entfremdung der USA von ihren Bündnispartnern. Angesichts der Leichtfertigkeit von US-Regierungsmitgliedern gehe das Vertrauen der mit Washington verbündeten Staaten „über Nacht verloren“, sagte der Vizechef des Geheimdienstausschusses im US-Senat am Dienstag in einer Anhörung in der Kongresskammer. „Hochrangige Regierungsvertreter“ würden „Europa durch den Dreck ziehen“, sagte Warner mit Blick auf die Bemerkungen von Vance und Hegseth.

Der Senator drückte im Kongress auch seine Befürchtung um die Zukunft der Geheimdienstallianz „Five Eyes“ aus, in der die USA seit Jahrzehnten mit Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland zusammenarbeiten. Die USA seien bei der Sammlung von Daten auch auf „zahlreiche Verbündete“ angewiesen, die „Zugang zu Quellen haben, über die wir nicht verfügen“. Die dafür nötigen Beziehungen seien aber „nicht in Stein gemeißelt“.