Natürlich wird er damit gerechnet haben. Martin Kocher ist zwar Quereinsteiger, aber er ist nicht nur Arbeitsmarktexperte, sondern auch ein Medienprofi. Und als solcher hat er sich zugetraut, was kein intelligenter Quereinsteiger je gemacht hätte. Wenige Stunden nach seiner Angelobung saß er bereits im ZiB 2 Studio bei Armin Wolf und wurde dort auch sofort mit einer Frage konfrontiert, die bei entsprechender Antwort Schlagzeilen produziert hätte. Denn natürlich wurde der anerkannte Finanz- und Arbeitsmarktexperte nicht als erstes über seinen Plan gefragt, mit welchen Mitteln er gedenkt, die auf Österreich zukommende Lawine an Insolvenzen und damit steigenden Arbeitslosenzahlen zu bekämpfen. Er wurde gefragt, ob Österreich Flüchtlinge aus griechischen Zeltlagern aufnehmen sollte. Was hätte er antworten sollen? Dass es doch kein Problem sein könne, einige Kinder und Jugendliche mit ihren Familien in Österreich aufzunehmen und damit ein Signal der Menschlichkeit zu setzen? Die Schlagzeilen des heutigen Tages hätten gelautet: „Neuer Arbeitsminister stellt sich gegen den Kanzler“, "Kocher gegen Kurz-Kurs". Er hätte aber auch antworten können, dass es verschiedene Optionen der Hilfe auch aus christlicher Sicht gebe und eine davon die Hilfe vor Ort ist. Oder er hätte einen Bibelwissenschafter der Katholisch-Theologischen Fakultät Wien zitieren können, der meint, Hilfe vor Ort sei nicht weniger christlich als die Aufnahme von Flüchtlingen. Der Wissenschafter zog nach dem Motto „nur nicht ausrutschen“ den Kopf aus der Schlinge, indem er erklärte, er sei in dieser Frage kein Experte.