Viel ist dieser Tage von Immanuel Kant die Rede. Immerhin jährt sich am 22. April der 300. Geburtstag eines Philosophen, der wie kaum ein anderer das europäische Geistesleben revolutioniert hat. Dass Aufklärung den Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit bedeute und dass man den Mut aufbringen solle, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen – sapere aude –, gehört zu den meistzitierten Sätzen des Jubilars: Gerne wird dabei übersehen, dass Kant vom Erfolg der Aufklärung nicht überzeugt war. Denn er wusste um die Verlockungen der Unterwerfung: „Es ist so bequem, unmündig zu sein. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen.“