Im britischen Königshaus herrscht erneut Aufregung, nachdem ein mit Spannung erwartetes Buch zu Beginn der Woche den Grad der Zerrüttung unter den „jungen Windsors“ deutlich gemacht hat. „Finding Freedom“, ein Buch zweier mit den Royals vertrauter Autoren, erklärt das Ausscheiden von Prinz Harry und Meghan Markle aus dem Kreis der britischen Königsfamilie und ihren Abzug nach Amerika mit der üblen Behandlung, die beiden in London widerfahren sein soll.

Das von den Hofkorrespondenten Omid Scobie und Carolyn Durand verfasste Buch, das am Wochenende von Times und Sunday Times in ersten Auszügen vorgestellt wurde, sieht die Schuld für die Kluft zwischen den „Sussexen“ und dem Rest des Königshauses in persönlichen Kränkungen, Herabsetzungen Meghans, kühler Distanzierung der Familie von der „Neuen“ und allerlei infamen Kommentaren über sie. Prinz William, dem älteren Bruder Harrys, wird vorgeworfen, er habe sich „herablassend“ und wie ein rechter „Snob“ gegenüber Harry verhalten. Bei einer Zusammenkunft mit Harry kurz vor dessen Verlobung mit Meghan soll William dem Bruder geraten haben, er solle sich lieber Zeit lassen, „dieses Mädchen“ („this girl“) erst einmal besser kennen zu lernen.

William habe offenbar gefürchtet, Harry lasse sich von seinen Gelüsten nach Meghan „überrumpeln“, meinen die Autoren. Harry habe seinem Bruder diese Bemerkung nie vergeben, glauben sie. Danach sollen die beiden Brüder monatelang kaum noch miteinander gesprochen haben – wiewohl sie noch eine Weile zusammen arbeiteten und gemeinsam auftraten, bis sich ihre Wege endgültig trennten. Mit unfreundlichen Bemerkungen, in die sich manchmal auch ein gewisser Rassismus gemischt habe, sei Meghan Markle ihrerseits im Königshaus, von Familienmitgliedern wie von Höflingen, bedacht worden. „Dutchess Different“, die andersartige Herzogin, wurde sie etwa genannt. Ein „Top-Mitglied“ der Familie soll sie als „Harrys Showgirl“ bezeichnet haben. Ein anderes warnte angeblich: „Die kommt mit einer Menge Ballast.“

Ein Reigen an Enttäuschungen

„Enttäuscht“ fühlte sich Meghan, dem Buch zufolge, auch vom geringen Interesse Kates, Williams Frau, an der neuen Schwägerin aus den Staaten. Kate habe nicht direkt Streit mit Meghan gesucht, ihr aber auch nicht geholfen beim Einleben in Kensington Palace, wo beide Paare zunächst ihre Basis hatten. Für Kate, erklären die Autoren, hatten beide Frauen schlicht nichts gemeinsam – „ausser dass sie in Kensington Palace lebten“. Später setzten sich Harry und Meghan nach Frogmore House auf dem Gelände von Windsor Castle ab.

Ressentiments und Probleme gab es offenbar zuhauf. Einladungen sollen nicht angenommen worden sein von Kate und William. Dinge, die vertraulich gemeint waren, sollen über anonyme Quellen an die Öffentlichkeit gegangen sein. Harry habe geklagt, seine Familie nehme ihn und seine Frau nicht genügend „in Schutz“ in dieser Lage. Einige Mitglieder „der alten Garde“, hiess es im Buch, hätten „Meghan einfach nicht gemocht – und ihr das Leben so schwer wie möglich gemacht“.

Regelrecht vor den Kopf gestossen habe sich Prinz Harry gefühlt, als ihm Hofbeamte Anfang des Jahres den Weg zu seiner Grossmutter, der Königin, verstellten. Über die Weihnachtszeit waren er und Meghan ja sechs Wochen lang in Kanada gewesen. Das war die Zeit, in der sie beschlossen, ihren Wohnsitz über den Atlantik zu verlegen und nur noch als „Teilzeit-Royals“ zu fungieren für die britische Monarchie. Harrys vergeblicher Versuch im Januar, zur Erklärung seiner Absichten bei der Rückkehr aus dem Winterurlaub einen Termin bei der Queen zu bekommen, stiess aber auf Schwierigkeiten. Kurzfristig habe sich der Prinz überlegt, ob er gegen das Protokol verstossen und unangemeldet vom Flughafen zu Elizabeth II. fahren solle – so verärgert sei er gewesen damals.

Die „Gegenseite“ hat diese ganze Geschichte freilich etwas anders in Erinnerung. Harry hatte „die Familie“ nämlich nicht vorbereitet darauf, dass er und Meghan ihren Plan auf ihrer nagelneuen Webseite „sussexroyal.com“ enthüllen würden, als ob schon alles vereinbart gewesen wäre. Die Queen sei ehrlich entsetzt gewesen von Harrys Vorgehen, hiess es schon damals in Buckingham Palace. Später dann wurde ja klar, dass es „Teilzeit-Royals“ nicht geben würde. Seither haben sich die „Sussexe“ ganz von England und den Windsors abgesetzt.

Und nun?

Anlässlich der Veröffentlichung der ersten Buchauszüge am Wochenende bestanden Harry und Meghan eilends darauf, dass sie nichts mit „Finding Freedom“ zu tun und auch „nichts zu dem Buch beigetragen“ hätten. Dazu meinte die Sunday Times gestern nur spöttisch, ihre Leser dürfen getrost davon ausgehen, dass das Buch „in enger Zusammenarbeit mit den Sussexen zustande gekommen“ sei.