Konstantin Wecker - leidenschaftlicher Musiker, kompromissloser Verfechter des Friedens, politischer Querdenker. Privat ruderte er jahrzehntelang zwischen Schmerz, Zweifeln und Selbstüberschätzung. Der 78-jährige Liedermacher sprach zuletzt in Interviews offen über seine langjährige Drogen- und Alkoholsucht – und über die späten Folgen, die ihm das geliebte Klavierspiel nahmen. Hilfe bekommt er von seiner Frau und seinen erwachsenen Söhnen. Seit drei Jahren ist der Künstler trocken.

„Wollte mein Leid wegschreiben“

Wecker wuchs in München auf, geprägt von einem antiautoritären Vater, der als Antifaschist gegen den Geist der Nachkriegszeit stand. Früh begann er zu schreiben, zu dichten, zu singen. Doch mit dem Erfolg kamen Exzesse. „Ich wollte mein Leid mit allen möglichen Drogen und Vergnügungen wegzaubern – aber das klappt nicht“, sagt Wecker rückblickend gegenüber verschiedenen Medien. Alkohol, Kokain und Tabletten begleiteten ihn über Jahrzehnte. In den 1980er-Jahren wurde seine Abhängigkeit öffentlich, nach einem Skandal um Kokainbesitz stand er vor Gericht.

„Ich war auf dem besten Weg, mich selbst zu zerstören“, sagte er später in Interviews. Die Sucht sei für ihn lange ein Fluchtversuch gewesen – vor Trauer, Selbstzweifeln und der Angst, nicht zu genügen. „Ich habe versucht, meine Dunkelheit zu betäuben, aber sie ließ sich nicht austricksen. Der Schmerz blieb – bis ich ihn annehmen konnte.“

Zwei Entzugskuren retteten ihm das Leben. Seither lebt Wecker abstinent. Heute sieht er den Alkohol als eine unterschätzte Droge: „Alkohol ist das gefährlichste Nervengift, das es gibt – und gesellschaftlich völlig akzeptiert.“ Er vermutet sogar, dass der jahrzehntelange Konsum seine jetzige Krankheit mitverursacht hat.

Neurologische Erkrankung

Seit einiger Zeit leidet Wecker unter einer neurologischen Erkrankung, die seine Hände lähmt. Besonders die linke Hand versagt ihm zunehmend den Dienst. „Ein schleichender Prozess, bei dem es von Woche zu Woche schlimmer wurde“, sagt Wecker in Interviews. Das Klavierspiel, jahrzehntelang sein Rückzugsort, ist ihm fast unmöglich geworden. „Ich kann nur noch wie ein Anfänger spielen. Wie ein Kind. Mehr ist nicht mehr drin.“ Den Verlust beschreibt er als schmerzhaft, aber auch als Lehrmeister. „Am Klavier zu sitzen, das war für mich pure Meditation. Jetzt bleibt mir die Erinnerung – und die Dankbarkeit. Ich weiß heute: Diese Musik kam nicht von mir allein, sie wurde mir geschenkt.“

Wecker hat gelernt, seine Schwermut nicht mehr zu betäuben, sondern zu akzeptieren. „Wir brauchen Schwermut, um uns selbst kennenzulernen“, sagt er. Der frühere Exzentriker spricht heute von Gelassenheit, nicht mehr von Ekstase. Sein Lebenswerk steht damit sinnbildlich für eine Generation, die zwischen Aufbruch, Rebellion und Selbstzerstörung schwankte – und im Alter nach Sinn sucht. „Ich würde nicht behaupten, dass ich gerade die glücklichste Phase meines Lebens durchlebe“, sagt Wecker. „Aber ich bin dankbar, dass ich sie bewusst erlebe – und nicht im Suff.“