Der Dresscode in der Politik folgt klaren Regeln. „Oder wie es in Instagram-affinen Kreisen heißt: Für die totale Message Control braucht es das passende #OOTD, Outfit of the day“, schreibt Daniel Kalt in seinem Buch „Staat tragen“ über das Verhältnis von Mode und Macht. Die amerikanische Kostümbildnerin Edith Head betont in ihrem Moderatgeber „Dress for Success“: „Es gibt einen feinen Unterschied zwischen jenen, die führen, und jenen, die geführt werden. Wenn Ihre Energie und Ihr Führungsvermögen Sie an die Spitze der Truppe bringen, dann tragen Sie doch nicht die Uniform der Untergebenen.“ So weit, so klassenkämpferisch.
Ein guter Schnitt signalisiert allerdings tatsächlich Kompetenz und gilt als Rüstung der Macht. Das führte Melania Trump bei der Inauguration ihres Mannes deutlich vor Augen: Sie trug einen klar geschnittenen doppelreihigen taillierten Mantel des New Yorker Designers Adam Lippes mit breiten Schultern und schmaler Taille für die Zeremonie, die Hauptrolle spielte aber ihr dunkelblauer Hut mit weißem Band von Eric Javits. Denn damit hielt sie nicht nur Trump auf Abstand, sondern auch die Welt. Es gibt kaum ein Foto von ihr mit dieser Krempe, auf dem man ihre Augen sieht, geschweige denn ein Lächeln. Als würde sie mit ihrem Look Trumps Politik der Härte noch unterstreichen wollen.
Zur Stilikone aufgestiegen
Wie auch immer: Spätestens seit dieser Woche gilt Melania Trump als stilbildend und wird in einem Atemzug mit Modeikonen wie Jackie Kennedy, Prinzessin Diana oder Grace Kelly genannt. Der amerikanische Designer Adam Lippes, der Melania den Mantel auf den Körper schneiderte, schwärmte auf Social Media: „Die Tradition der Amtseinführung des Präsidenten verkörpert die Schönheit der amerikanischen Demokratie, und heute hatten wir die Ehre, unsere First Lady, Melania Trump, einzukleiden. Frau Trumps Outfit wurde von einigen der besten Kunsthandwerker Amerikas entworfen, und ich bin sehr stolz darauf, der Welt diese Arbeit zu zeigen.” Bei der Inauguration gehört es zum guten Ton, Mode made in den USA zu tragen: Schon bei George Washington wurde darauf hingewiesen, dass er bei der Angelobung einen Anzug aus amerikanischem Stoff trug.
Beim Inaugurationsball trug Melania dann ein schulterfreies Kleid aus Seidenkrepp mit schwarzen Bändern von Hervé Pierre. Eine besondere Ehre für den gebürtigen Franzosen, denn die Roben der First Ladys beim „Inauguration Ball“ landen am Ende immer im Smithsonian Museum in Washington. „Es war so eine Ehre....“, teilte der franko-amerikanische Modemacher und Kostümbildner auf Instagram mit, der auch schon Hillary Clinton, Laura Bush und Michelle Obama einkleiden durfte und dieser Tage so nebenbei auch die Kostüme zum Ballett „Le Parc“ an der Bayerischen Staatsoper entwirft.
Zu Ihrem eleganten Ballkleid trug Melania eine Diamantbrosche am Halsband. Ihr Look ist der Inbegriff des sogenannten Old-Money-Styles. In diese Kerbe schlug auch Trumps Tochter Ivanka in einem Kostüm von Dior, das direkt aus den 1950er-Jahren zu kommen schien. Wenig überraschend: Bernard Arnault, der reichste Europäer und CEO von Louis-Vuitton-Moet-Hennessy, zu dem Dior gehört, saß mit seiner Frau und seinen Kindern bei der Vereidigung Trumps gleich hinter Bill und Hillary Clinton.
Melania hatte aber nicht immer ein modisches Gespür: So tauchte sie einmal in Kroko-Pumps im Hurrikan-Krisengebiet auf, in dem die Hilfskräfte in Gummistiefeln gegen den Schlamm kämpften. Sie trug auch eine Zara-Jacke beim Besuch eines Migrationszentrums für Kinder mit der Aufschrift: „I really don‘t care, do u?“ (Ist mir wirklich egal. Und dir?) „Subtilität war nie ihre Stärke“ urteilte damals das Fachblatt „Women‘s Wear Daily“.
Im Gegensatz zum Old-Money-Style waren die Tech-Milliardäre von Mark Zuckerberg bis Elon Musk sowie Bezos-Verlobte Lauren Sanchez, die nur einen Spitzen-BH unter dem engen Blazer trug, bei Trumps Amtseinführung eher dem Schrillen zugeneigt.
