Der Start war straff durchchoreografiert: höchste Geheimhaltungsstufe, weltweite Sperrfrist bis gestern Abend. Vorab sollte keine Zeile über "The Batman" berichtet werden. Die Absicht ist eindeutig: Dieser Film muss ein Ereignis werden. Nach "Spiderman: No Way Home" (fast 1,9 Milliarden Dollar am Box Office) soll der nächste Superheld den Umsatz in den Kinos wieder auf vor-pandemisches Niveau bringen.
Und auch wenn die mysteriöse Rolle der Fledermaus in der Pandemie-Geschichte nicht restlos aufgeklärt ist, verhilft ihr "The Batman" bestimmt zu einem Image-Comeback: Im düsteren Crime-Thriller stellt der "Riddler" (Paul Dano auf den Spuren des Zodiac-Killers) dem Fledermaus-Mann eine ganze Reihe von morbiden Rätseln. Dabei wird Zug um Zug ein großes Korruptions-Netzwerk in Gotham City aufgedeckt. Enthüllungen führen oft zum vorschnellen Ruf nach einem gerechten Rächer.

Mit diesem reaktionären Ansatz musste sich Batman schon in der Erfolgs-Trilogie von Christopher Nolan herumschlagen. Eine Trump-Präsidentschaft und einen Putschversuch später geht es Matt Reeves politisch vorsichtiger an – auch wenn zwei korrupte Figuren die Namen von Watergate-Verbrechern tragen. Ein junger Batman kämpft nicht nur mit dem Verbrechensalltag auf der Straße, sondern auch mit seiner zweifelhaften Rolle als Vigilante in Gotham City.

Hauptdarsteller Robert Pattinson hat seit seinen Vampir-Tagen einen Bogen um große Blockbuster gemacht. Nun sucht er eine schweigsame, ambivalente Figur im schwarzen Anzug, die offensichtlich noch nicht recht weiß, wer sie sein will. Auch einige spärliche Auftritte ohne Maske als zurückgezogenes Alter Ego Bruce Wayne geben ihm nicht mehr spielerischen Raum. Dennoch findet er seinen eigenen, zerrissenen Batman nach prominenten Vorgängern wie Michael Keaton, Val Kilmer, George Clooney, Christian Bale und Ben Affleck. Zoë Kravitz überzeugt als eigenständige Catwoman-Figur. Nur ihre erotische Chemie mit Batman ist aus amerikanischen Jugendschutzgründen auf ein Minimum reduziert.

Mit stolzen 176 Minuten wirkt "The Batman" epischer als es die Detektiv-Geschichte zulässt. Der verregnete, nächtliche Film-noir-Stil mit passendem Soundtrack und die düstere Verbrechensjagd wirken atmosphärisch stimmig.

Fazit: Ein konsequent-kompromissloser, mutiger Ansatz, der neugierig auf die Fortsetzungen der Trilogie macht. Die Fledermaus hat also auch nach Corona viel zu tun.