Es ist ein Prozess, wie er in Österreich das erste Mal stattfindet. Am Donnerstag musste sich eine Frau (53) am Landesgericht Klagenfurt verantworten, angeklagt wegen grob fahrlässiger Tötung und vorsätzlicher Gemeingefährdung durch übertragbare Krankheiten. Das Besondere: Die "Tatwaffe" soll Corona gewesen sein.

Zu diesem Schluss kommt ein von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt beauftragter Gutachter. Laut dem Virologen ist der Coronavirus-Stamm, mit dem die Frau infiziert gewesen ist, "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" bei einem ihrer Nachbarn festgestellt worden. Der 69-Jährige erkrankte schwer und starb im Jänner 2022 an den Folgen.

"Nie PCR-Test gemacht"

In der Verhandlung gingen die Angeklagte und ihr Anwalt in die Offensive. "Ich bekenne mich nicht schuldig", antwortete die zweifache Mutter auf eine Frage von Richter Dietmar Wassertheurer. Sie habe ihre Wohnung während ihrer Erkrankung und Quarantäne auch nie verlassen. "Außerdem habe ich nie einen PCR-Test gemacht", sagte die Frau und widersprach damit den Aussagen ihres damaligen Hausarztes.

Ihr Anwalt kritisierte die "völlig einseitigen Erhebungen" gegen die Kärntnerin. Wenn seine Mandantin keinen PCR-Test gemacht habe, verstehe er nicht, wie die Sachverständige zu seinen Schlüssen komme, so der Anwalt: "Es wurde alles konstruiert und aufgebauscht. Meine Mandantin soll als Opferlamm für die ganze Coronageschichte an die Wand genagelt werden."

Vielzahl an Zeugen

Ein völlig konträres Bild zeichnen die Ausführungen von Staatsanwalt Julius Heidinger. Ein gerichtsmedizinisches Gutachten habe eindeutig festgestellt, dass der 69-Jährige an Corona gestorben sei. Zudem ist der Virologe zum Schluss gekommen, dass der "Virenstamm der Angeklagten praktisch zu 100 Prozent ident ist mit jenem des Verstorbenen".

Dazu gebe es eine Vielzahl von Zeugen, die ausgesagt haben, dass die 53-Jährige während ihrer Quarantäne ihre Wohnung verlassen und sich mit anderen Menschen getroffen habe, darunter das spätere Opfer. Ein Zeuge, ein Taxifahrer, war allerdings aus Sicht der Anklage wenig erbauend. Der Mann konnte sich, im Unterschied zu seinen Aussagen vor der Polizei, nicht mehr erinnern, wann er die Angeklagte gefahren hat. Vor oder nach ihrer Quarantäne?

Nach knapp zwei Stunden war dann Schluss - vorerst. Richter Wassertheurer vertagte den Prozess zur Anhörung weiterer Zeugen.

Absonderungsbescheid

Die Frau – für sie gilt die Unschuldsvermutung – soll sich laut Anklage im Dezember 2021 mit Corona angesteckt haben. Trotz festgestellter Infektion und Absonderungsbescheid soll sie immer wieder, auch ohne Maske, im Freien und in dem Mehrparteienhaus unterwegs gewesen sein, in dem sie wohnt. Möglicherweise im gemeinsam genutzten Stiegenhaus soll sich das spätere Opfer, es war schwer krebskrank, auch mit Corona infiziert haben.

Der Gesundheitszustand des Mannes verschlechterte sich, er musste ins Krankenhaus eingeliefert werden, wo er verstorben ist. Zu dem Zeitpunkt kannten die Behörden den Fall bereits durch Meldungen und Anzeigen von Nachbarn, die Staatsanwaltschaft wurde informiert. Sie leitete ein Ermittlungsverfahren ein und brachte diesen Jänner Anklage ein.

Der Strafrahmen für die angeklagten Taten beträgt bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.