Adel verpflichtet, Adel regt auf und Adel fasziniert - nicht nur in den europäischen Königshäusern und im Blitzlichtgewitter der Bussi-Bussi-Seitenblicke-Gesellschaft: Auch in Kärnten werden die „Blaublütigen“ oft landläufig noch als „Fürst“ oder „Gräfin“ tituliert, obwohl Adelstitel in Österreich 1919 abgeschafft wurden.

Maria von Thurn-Valsassina Prinzessin Auersperg ist kürzlich 96-jährig verstorben
Maria von Thurn-Valsassina Prinzessin Auersperg ist kürzlich 96-jährig verstorben © Rosina Katz-Logar

Kürzlich verstarb Maria von Thurn-Valsassina Prinzessin Auersperg im 96. Lebensjahr. Seit ihrer Hochzeit mit Ariprand Thurn-Valsassina im Jahr 1950 lebte die gebürtige Salzburgerin auf Schloss Bleiburg und zog dort ihre zehn Kinder groß - und wurde von den Einheimischen stets „Gräfin“ genannt. Sogar in der Kirche gibt es dort noch heute die „Grafenbank“. Thurn und Valsassina (auch Thurn-Valsassina) ist friaulisch-görzischer Uradel und ein österreichisches Hochadelsgeschlecht. Seit 1601 ist das Schloss Bleiburg im Besitz der Grafen Thurn. Der heutige Besitzer ist Vinzenz Graf Thurn-Valsassina. Die Forstverwaltung von Johannes Thurn-Valsassina befindet sich südlich von Eisenkappel.

Ulrich Habsburg-Lothringen bei seinen fischereigründen
Ulrich Habsburg-Lothringen bei seinen Fischereigründen © Foto Emhofer

Leben im Schloss

In Kärnten sind aber weitere Familien zu finden, die von Adeligen abstammen, wie Historiker Wilhelm Wadl weiß. Die Familie Henckel-Donnersmarck etwa lebt in Wolfsberg, wo der Industriepionier Hugo Henckel von Donnersmarck 1846 die Burg zu einem Schloss umbauen ließ. Einst heruntergekommen, verwandelte sich Schloss Wolfsberg nach und nach zu einem Ort für Festivitäten. Es ist auch der Lebensmittelpunkt von Andreas und Johanna Henckel von Donnersmarck. Die Familie Auersperg wohnt auf Schloss Reideben. Auch die Familie Habsburg ist im Lavanttal angesiedelt. Ulrich Habsburg-Lothringen, einst Kandidat als Bundespräsident, ist Gutsbesitzer, Land- und Forstwirt. Auch Christoph Habsburg-Lothringen arbeitet als Forst- und Gutsverwalter.

Wilhelm Wadl Landesarchiv
Wilhelm Wadl, Landesarchiv © Gert Eggenberger

„Die Adeligen in Österreich haben im letzten Jahrhundert viel Geld und Besitztümer verloren“, erzählt Wadl, Vorsitzender des Geschichtsvereins Kärnten. „Weil der Adel außerdem immer überdurchschnittlich viele Kinder hatte, müssen sie inzwischen bürgerlichen Berufen nachgehen, viele sind im Bank- oder Versicherungsgeschäft. Andere sind Künstler, wie Markus Orsini-Rosenberg.“ Hubertus Orsini-Rosenberg vermietet unter anderem Ferienwohnungen. Volker Theodor Heinrich Helldorf ist Biobauer am Gut Thalenstein. Zum Hochadel zählen weiters die Familie Foscari-Widmann, Großgrundbesitzer mit Forst in Paternion, die Lodron‘sche Forstverwaltung ist in Himmelberg, Maximilian Czernin ist mit der Familie auf Schloss Rain bei Grafenstein sesshaft geworden. Die Khevenhüller kamen aus Oberfranken, ließen sich als Kaufleute in Villach nieder und kauften Burgen in Landskron, Hochosterwitz, Wernberg oder auch das Schloss Velden.

Schloss Wolfsberg
Andreas und Johanna Henckel von Donnersmarck spielen mit ihren Kinder auf Schloss Wolfsberg gerne Balanka © Helmuth Weichselbraun

Die Betitelung der Adeligen mit „Fürst“ oder „Baron“ ist zwar hierzulande seit 1919 verboten. Die Sanktion für das Führen eines Adelstitels ist aber nach wie vor jene, die damals angeordnet wurde: nämlich eine Verwaltungsstrafe bis zu 20.000 Kronen oder bis zu sechs Monate Arrest. 20.000 Kronen sind aber umgerechnet nur noch 14 Cent. Das Adelsaufhebungsgesetz gilt nur für österreichische Staatsbürger. In Deutschland etwa dürfen Adelstitel als Teil des Namens geführt werden, so ist das Schloss Meiselberg seit 1941 im Besitz der Fürsten Hanau-Schaumburg.

Im Jahr 2019 gab es rund um einen Empfang des Landes Kärnten eine Aufregung. Auf der offiziellen Einladung zur Verleihung des Landesordens in Gold an Heidi Goëss-Horten wurde die Milliardärin als „Gräfin“ tituliert. Ein Fehler des Protokolls, hieß es - weil Goëss-Horten im Antrag des KAC als „Gräfin“ tituliert worden sei.

Auch Witwer Kari Goess wird landläufig als „Graf“ bezeichnet - mit der Begründung, dass ja auch seine Familie aus den Niederlanden nach Österreich gekommen sei. „Das ist kein Argument. Alle sind irgendwann gekommen. Ohne Migration wäre der Adel hier ausgestorben“, so Wadl. Der Historiker: „Selbst wenn der Volksmund davon ausgeht, dass Herr Goëss Graf ist, wäre Heidi Goëss-Horten höchstens die ‚Frau vom Grafen‘ gewesen. Aber es ist eben noch gesellschaftliche Konvention in Kärnten, dass der Fleischhacker zur Frau vom Hofrat ‚Frau Hofrat‘ sagt.“