Ärztekammer Kärnten (ÄK) und Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) verhandeln über eine Anpassung der Honorare für niedergelassene Allgemeinmediziner und Fachärzte an die Inflationsrate. Da dies in einer zweiten Verhandlungsrunde am Montag seitens der ÖGK verweigert worden sei, kündigt die ÄK Kampfmaßnahmen an. „Das ist für uns nicht nachvollziehbar und zeugt von geringer Wertschätzung gegenüber unserer Berufsgruppe, die die medizinische Versorgung in Kärnten am Laufen hält“, sagte Kärntens Ärztekammerpräsident Markus Opriessnig am Donnerstag im Rahmen einer Pressekonferenz.
In einem ersten Schritt soll es zu Versammlungen der Bezirksärzte kommen. „Wir werden uns an alle vertraglichen Verpflichtungen halten, aber es wird Dienst nach Vorschrift geben. Freiwillige Leistungen wie Bereitschaftsdienste an den Wochenenden werden angesichts geringer Wertschätzung wohl nur mehr schwer zu besetzen sein“, sagt Opriessnig. Sollte es zu keiner Annäherung kommen, steht auch die Kündigung des Kassenvertrages im Raum. Für Kärntner Patienten würde das bedeuten, dass sie Behandlungen in den Praxen bezahlen und nachträglich mit ihrer Versicherung abrechnen müssten. „Zum jetzigen Zeitpunkt steht die umfassende medizinische Versorgung in Kärnten tatsächlich auf dem Spiel“, so Opriessnig.
„Uns war klar, dass eine Abgeltung von 3,5 Prozent zu niedrig angesetzt war, weshalb eine nachträgliche Adaptierung des Abschlusses für 2024 in einer Vertragsklausel vereinbart wurde. Davon will man jetzt in der ÖGK nichts mehr wissen und verweigert jegliche Verhandlung“, sagt Wilhelm Kerber, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte und 2. Vizepräsident der Ärztekammer Kärnten. Kerber führt ins Treffen: „Seit Monaten erklären die Bundesregierung und auch Funktionäre der ÖGK, dass sie die Kassenmedizin attraktiver machen wollen. In Kärnten macht die ÖGK genau das Gegenteil. Ihre Weigerung, die Inflationsrate zu ersetzen, bedeutet de facto eine Kürzung der einzelnen Tarife.“
Real würde es einer Honorarkürzung um 5,65 Prozent und einem Verlust von sieben Millionen Euro gleichkommen. „3,5 Prozent sind viel zu wenig, um Ordinationen noch wirtschaftlich führen zu können. Die durchschnittlichen Kosten einer Arztpraxis lagen vor der Teuerung bereits bei 50 bis 60 Prozent. Mit steigenden Auflagen, allgemeiner Teuerung, massiven Preissteigerungen bei medizinischen Produkten, Mieten und Energiekosten kommt das jetzt einem realen Lohnverlust für Kärntner Ärzte gleich, den wir so nicht mehr hinnehmen können“, sagt Kammeramtsdirektor-Stellvertreter, Klaus Mitterdorfer.
ÖGK widerspricht Ärzten
ÖGK zeigt sich verwundert, denn man habe die Verträge in gemeinsamen Verhandlungen vor zwei Jahren abgeschlossen. Die ÄK fordere nun eine nachträgliche Tarifanhebung als „Inflationsausgleich“: „Eine solche Anpassung ist vertraglich nicht vereinbart und kann dementsprechend auch nicht umgesetzt werden“, teilt ÖGK-Sprecherin Patricia Gassner auf Anfrage der Kleinen Zeitung mit.
Laut ÖGK seien die Honorare 2022 insgesamt um 8,5 % gestiegen und werden 2023 um voraussichtlich 10,29 % steigen. Zusätzlich werden Einmalzahlungen für Strukturmaßnahmen in Höhe von insgesamt ca. 5,1 Millionen Euro angeführt. „Auch für 2024 wird eine klare Honorarsteigerung über der Inflationsrate, die aktuell für das Kalenderjahr 2024 mit 4 % prognostiziert wird, erwartet“, sagt Gassner.
Die ÖGK habe angeboten, bei den kommenden Honorarverhandlungen gemeinsam die bestehenden Verträge zu analysieren und die Ergebnisse in einem fairen Abschluss auch monetär zu berücksichtigen. Dieses Angebot wurde laut ÖGK von der ÄK abgelehnt. „Wir hoffen, dass die angekündigten Kampfmaßnahmen sowie die angedrohte Beendigung des Kassenvertrags seitens der Ärztekammer für Kärnten nicht umgesetzt werden. Derartige Drohungen führen zu einer massiven Verunsicherung in der Bevölkerung und in weiterer Folge zu einem irreparablen Vertrauensverlust in unser Gesundheitssystem, für das wir gemeinsam verantwortlich sind“, so die ÖGK.
„Rückkehr an Verhandlungstisch“
Kärntens Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) appelliert: „Bei allem Verständnis für die Reaktion der Ärzteschaft bitte ich wirklich dringend, die Honorarverhandlungen nicht zulasten kranker und auf ihre Ärzte angewiesenen Menschen zu führen. Es wäre unverantwortbar, tatsächlich die Gesundheit von Menschen zu gefährden.“
Prettner kritisiert auch, dass die ÖGK als „Österreichische Gesundheitskasse“ nach wie vor und entgegen einstiger Ankündigungen der damaligen Bundesregierung weit von einem österreichweiten Gesamtvertrag mit der Ärztekammer oder zumindest von abgestimmten Leistungsabgeltungen in allen Bundesländern entfernt sei. „Hätten wir ein gemeinsames Regelwerk, wären derartige Eskalationen unmöglich“, so Prettner, die von beiden Parteien eine schnelle Rückkehr an den Verhandlungstisch fordert.
FPÖ-Gesundheitssprecher LAbg. Harald Trettenbrein verlangt von Prettner die Landestellenleiter der ÖGK Kärnten aufzufordern für eine rasche Einigung zu sorgen: „Wir fordern die ÖGK Kärnten auf, umgehend wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren, um faire Abrechnungsmodelle zu erarbeiten“.