2022 war für die Immobilien-Branche ein dynamisches Jahr. Zur Frage, wie sich der Markt in den kommenden Monaten entwickeln wird, gibt es daher auch höchst unterschiedliche Prognosen. Und doch gibt es einige dominierende Trends, mit denen 2023 zu rechnen ist. Judith Kössner, Head of Immobilien bei der Onlineplattform willhaben, hat die zentralen Themen analysiert.

Digitalisierungs-Schub. "Gerade in wirtschaftlich volatilen Zeiten bedarf es smarter, neuer Lösungsansätze, um wettbewerbsfähig zu bleiben", prognostiziert Judith Kössner. Von der Planung und Visualisierung von Bauprojekten über die Haus- und Wohnungsvermittlung und die Bewertung der Objekte bis zum Aufsetzen des Vertrags und der Einrichtung eines Smart Homes – 2023 wird die Immobilien-Branche in puncto Digitalisierung weitere wesentliche Sprünge machen. Lesen Sie hier, was es beim Smart Home zu beachten gilt.

Inflation, steigende Zinssätze, hohe Energiepreise. "Aktuell sind auf willhaben rund 80.000 Immobilien-Anzeigen online. 2022 wurden insgesamt so viele neue Angebote bei uns gelistet, wie noch nie", erklärt Kössner. "Darüber hinaus haben wir insgesamt bzw. pro Objekt mehr Anfragen denn je verzeichnet. Anhand unserer Daten ist also klar zu beobachten, dass das Interesse der Österreicherinnen und Österreicher an Immobilien trotz der aktuellen Lage ungebrochen ist." Die aktuelle wirtschaftliche Situation, steigende Energiekosten, höhere Zinsen und erschwerte Kreditvergabe-Bedingungen lassen Aufbruchsstimmung in der heimischen Bau- und Immobilien-Branche aber eher vermissen. Hinzu kommen weiterhin schwierig zu kalkulierende Baukosten und teilweise nach wie vor anhaltende Lieferengpässe.

Preise für Eigentum und Miete. "Der Markt befindet sich mitten in einem Umbruch, der zahlreiche Herausforderungen mit sich bringt. Aktuell sorgen die steigenden Baukosten dafür, dass die Neubauleistung zurückgeht und teilweise Projekte zeitlich nach hinten verschoben werden. Wenn diese Vielzahl an Indikatoren auch 2023 in dieser Form auf den Markt wirken, wird sich das im neuen Jahr auf die Preise für Eigentum und Miete niederschlagen. Die Immobilien-Angebotspreise für Wohn-Eigentum werden in gewissen Lagen und Konstellationen dadurch nach längerer Zeit vom Höhenflug-Kurs abkommen oder sogar sinken. Bei den Mieten ist von Steigerungen auszugehen. Es ist bereits jetzt eine Nachfrageverschiebung von Kauf Richtung Miete erkennbar", prognostiziert die Expertin weiters.
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Das Bestellerprinzip.Kurz vor dem Jahreswechsel hat sich die Politik auf das sogenannte Bestellerprinzip geeinigt. Welche konkreten Auswirkungen das Bestellerprinzip auf die heimische Immobilien-Branche haben wird, ist von der genauen gesetzlichen Ausgestaltung abhängig.

Nachhaltige Gestaltung von Lebensräumen. Nachhaltigkeit und die Investition in erneuerbare Energien halten in der heimischen Immobilien-Branche mehr und mehr Einzug. Die Revitalisierung von Altbeständen sowie energieeffizientes Bauen und Wohnen sind hier ebenso ein Thema wie etwa die Wahl langlebiger, umweltfreundlicher Baustoffe. Gustav Spener, Präsident der Kammer der Ziviltechnikerinnen und Ziviltechniker für Steiermark und Kärnten erklärt hier, worauf man beim nachhaltigen Bauen achten sollte. Im neuen Jahr sind Unternehmen in der Bau- und Immobilien-Branche aber gefordert, hier weitere Schritte vorzunehmen, um in puncto Emissionen, Energieverbrauch und Abfallaufkommen weiter einzusparen. Unternehmen und Projekte, die Environmental, Social & Governance (ESG)-Faktoren in ihre Entscheidungen miteinbeziehen, werden sich künftig vom Mitbewerb abheben können. Immobiliensuchende legen in ihrem Suchverhalten hohen Wert auf die Nachhaltigkeit der Immobilie. Darüber hinaus betreffen ESG-Regulierungen wie die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) und die EU-Taxonomy-Verordnung auch zunehmend die Immobilien-Branche. In den kommenden Jahren ist damit zu rechnen, dass ESG-Regulierungen in der Immobilien-Wirtschaft weiteren Niederschlag finden werden.

Arbeitsplatz der Zukunft. Dass die Pandemie Homeoffice oder hybrides Arbeiten in vielen Branchen etabliert hat, ist weitläufig bekannt. Dennoch sind hier noch viele Herausforderungen zu meistern. "Drei Jahre nach Ausbruch der Pandemie müssen sich viele Unternehmen immer stärker mit der Frage auseinandersetzen, wie sie ihre Büroflächen künftig gestalten werden, um den veränderten Bedürfnissen der Mitarbeiter:innen zu entsprechen", meint Kössner und fügt abschließend hinzu: "Das Büro bleibt für die meisten Unternehmen als Arbeitsplatz, Ort der Begegnung und prägender Bestandteil der Unternehmenskultur unverzichtbar. Wie das Office der Zukunft konkret gestaltet wird, ist zudem vom Betrieb, der Unternehmenskultur und den Mitarbeiter:innen abhängig. Fest steht jedoch: 2023 werden in vielen Unternehmen rund um die Arbeitsplatz-Zukunft endgültig neue und moderne Lösungen etabliert werden."