Es gibt Wohnungen, die man zufällig findet. Und es gibt Wohnungen, die man sich jahrelang erträumt. Bei Sabine Kreuzspiegl war es Letzteres. Schon als ihre Kinder klein waren, schob sie den Kinderwagen immer wieder an dem Gebäude im Wiener Bezirk Hietzing vorbei, in dem sie heute lebt. „Ich wusste, wenn ich einmal umziehe, dann hierher“, sagt sie. Die Adresse blieb im Kopf, bis sich eines Tages tatsächlich die Möglichkeit ergab.

Die Designerin und Unternehmerin, die sich in Wien mit einer Hundeboutique selbstständig gemacht hat, lebt in Räumen, die viel über ihre Haltung verraten: zu Farben, zu Materialien, zu Geschichte. Kreuzspiegl spricht von sich selbst als „Farbmensch“. Entsprechend konsequent ist ihre Gestaltung: Jede Wand, jeder Stoff, jedes Möbelstück ist Teil eines fein abgestimmten Kompositionsprinzips, das weder streng noch dekorativ wirkt, sondern selbstverständlich.

Das Esszimmer im Mailänder Stil mit Sesseln aus den 1940er-Jahren
Das Esszimmer im Mailänder Stil mit Sesseln aus den 1940er-Jahren © Klaus Vyhnalek

Kleine Details, große Wirkung

Besonderen Wert legt sie auf die architektonischen Details. Sesselleisten, Türgriffe, Lichtschalter sind kleine Dinge, aber sie prägen die Wirkung eines Raums. „Wenn das stimmt, kannst du eigentlich alles reinstellen“, erklärt sie.

Ihr Gespür dafür ist geschult: Kreuzspiegl hat als Designerin gearbeitet, ihr Mann ist Kunsthändler. Gemeinsam haben sie über die Jahre eine Sammlung aufgebaut, die sich unauffällig, aber prägnant in den Räumen verteilt.

Die Wohnung selbst erzählt eine Geschichte zwischen Wien und Mailand. Im Esszimmer stehen Stühle aus den 1940er-Jahren, entworfen für eine Villa in Hietzing, ersteigert im Dorotheum und nun „wieder nach Hause gebracht“. Die Atmosphäre erinnert eher an Mailänder Eleganz als an Wiener Biedermeier. Kreuzspiegl beschreibt es so: „Eine Pariser Wohnung habe ich nicht geschafft daraus zu machen, aber das Flair von Mailand – das ist da.“

Kunst und Möbel werden nicht als Statussymbole verstanden, sondern als Teil eines funktionierenden Alltags. Wände sind mit Stoff bespannt, was nicht nur die Akustik verbessert, sondern auch eine wohnliche Tiefe erzeugt. Kein museales Interieur, sondern ein offenes System, das mit dem Leben seiner Bewohner wächst.

Schon im Vorraum lässt sich der Stil erahnen
Schon im Vorraum lässt sich der Stil erahnen © Klaus Vyhnalek

Wie aus der Wohnung eine WG wurde

Dieses Leben spielt sich vor allem in der Küche ab. Sie ist der eigentliche Mittelpunkt der Wohnung. Ein Ort, an dem gekocht, gegessen und diskutiert wird. „Wir kochen alle gerne, deshalb ist das unser Lebensmittelpunkt“, sagt Kreuzspiegl.

Seit der Pandemie hat sich die Nutzung der Räume noch einmal verändert: Die Wohnung wurde zur WG, die sie mit ihrer Tochter und deren Freund teilt. Eine ungewöhnliche Konstellation, die erstaunlich reibungslos funktioniert. Für Kreuzspiegl ist das auch eine Frage von Haltung: „Es muss so funktionieren, dass es auch für Freunde leicht ist, hier zu leben. Ein offenes Haus, das ist mir wichtig.“

Zur Offenheit gehört auch, dass die Wohnung nicht nur Menschen, sondern ebenso selbstverständlich die beiden Hunde einschließt. Aus der Adoption der Tiere entstand während der Pandemie ein neues berufliches Projekt: eine Boutique für hochwertige Hundemode und Accessoires, die Kreuzspiegl in Wien gegründet hat. Auch hier zeigt sich ihr Interesse an Material, Detail und Qualität. Prinzipien, die sie beim Wohnen ebenso konsequent verfolgt.

Eddie und Yunis, treue und entzückende Begleiter
Eddie und Yunis, treue und entzückende Begleiter © Klaus Vyhnalek

So ist diese Wohnung kein Rückzugsort im engeren Sinn, sondern ein funktionierendes Gefüge aus Arbeit, Familie, Gästen und Tieren. Man spürt, dass hier nichts zufällig ist und zugleich nichts unantastbar. Räume mit Haltung eben.