Für Insider mag das endgültige Aus vorhersehbar gewesen sein, die Beschäftigten der Handelskette Charles Vögele erfuhren davon erst gestern Früh – kurz bevor beim Landesgericht Graz der Konkursantrag gestellt wurde. „Wir erhielten die Information in einer Telefonkonferenz“, schildert eine betroffene Vögele-Mitarbeiterin. Es hätte zwar Gerüchte über ein Ende gegeben, aber keine Information. „Die Eigentümer haben in den letzten Wochen eine Infosperre verhängt.“

Charles Vögele, 1955 in Pfäffikon in der Schweiz gegründet, zählte einmal zu den größeren Modehändlern in Europa. Das ist lange her – und vorbei. Man wuchs in Deutschland, Österreich und Slowenien, doch ab 2010 ging es rapide bergab. Im Sog der Pleite der Schweizer Mutter vor einem Jahr schlitterte Ende Juli 2018 auch Charles Vögele Austria in die Insolvenz.

Nach einer harten Restrukturierung – von 700 Mitarbeitern blieben knapp 400, von 102 Filialen 57 in ganz Österreich – und der Übernahme durch die niederländischen Sanierer GA Europe keimte Hoffnung. Dem Vernehmen nach stand der Verkauf der Kette an einen weiteren Investor kurz bevor. „Der Vertrag war fertig, musste aber wieder rückabgewickelt werden“, sagt eine Unternehmenssprecherin der Kleinen Zeitung. Der Beinahe-Käufer, der nicht genannt wird, plante zuerst 27 und später alle 57 Standorte unter eigener Marke weiterführen. Es scheiterte am Geld: Der Investor wollte, dass die GA Europe die Ausstattung der ersten 27 Filialen mit Ware finanziert, die Niederländer lehnten jedoch ab und der Kauf war geplatzt.

Es wird nicht mehr saniert, sondern zugesperrt

Bitter vor allem für die 394 Beschäftigten in ganz Österreich: Auf Antrag des Unternehmens eröffnete das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz das Konkursverfahren. Es wird nicht mehr saniert, sondern nur noch zugesperrt. In sämtlichen Filialen steht die Ware mit bis zu 50 Prozent Rabatt zum Abverkauf. In der Steiermark erhalten rund 100 Beschäftigte die Kündigung, 30 davon in der Firmenzentrale in Kalsdorf und 70 an den landesweit neun Standorten. In Kärnten ist nach dem Kahlschlag des Vorjahres nur noch die Filiale Völkermarkt mit fünf Angestellten übrig geblieben. Die Aprilgehälter seien noch ausbezahlt worden, hieß es gestern.Als Ursache für die neuerliche Pleite nennt das Unternehmen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Laut den Kreditschützern AKV, KSV und Creditreform stehen 3,39 Millionen Aktiva Passiva in der Höhe von 21,05 Millionen Euro gegenüber. Zum Masseverwalter wurde wie zuletzt Rechtsanwalt Norbert Scherbaum bestellt.

"Seit vielen Jahren unter Druck“

Wie realistisch war es überhaupt, dass Vögele wieder auf die Beine kommt? Die Marke litt an hausgemachten Problemen, aber nicht nur. Die ganze Branche, erklärt Wolfgang Richter, Chef des Handelsspezialisten Regiodata, ist „seit vielen Jahren unter Druck“. Zwar steigen die Konsumausgaben für Mode an, aber davon profitieren vor allem Onlineanbieter wie Zalando, Amazon und Unito. „Die Produktivität der stationären Verkaufsflächen ist in den vergangenen zehn Jahren konstant geblieben, gestiegen sind aber die Kosten.“ Auch 2018 sei das nicht anders gewesen.

"Rechne mit weiteren Bereinigungen"

Der Markt teile sich in Pole; auf der einen Seite beliebte Marken, auf der anderen das Billigangebot (von Kik, Takko, NKD). „Alle Anbieter dazwischen, das betrifft nicht nur Vögele, haben Probleme.“
Es sei schwer festzumachen gewesen, wofür Vögele stand, benennt Richter die Defizite der Handelskette. Gefehlt habe es nicht an der Lage der Standorte, sondern an der Markenidentität. „Man hätte sehr viel in das Marketing investieren müssen, um mit der Marke Vögele zu bestehen.“ Nimmt die Pleite Druck vom Markt? „Ich rechne mit weiteren Bereinigungen, die weniger spektakulär ausfallen. Es werden weitere Standorte geschlossen werden, auch von großen Ketten.“