Unser Nachbar lagert sein Brennholz direkt an unserer Grundstücksgrenze am Zaun. Ist das erlaubt?
Antwort: Ja. "Jeder hat das Recht, sein Grundstück auf der gesamten Fläche bis zur Grenze zu nutzen", sagt der Leibnitzer Rechtsanwalt Jörg Grössbauer. Zivilrechtlich ist man also berechtigt, auch Brennholz bis unmittelbar an der Grundgrenze zu lagern – auch dann, wenn Pflanzen, die an der anderen Seite des Zauns gesetzt wurden, dadurch Schaden nehmen.

2. An unser Grundstück grenzt Wald, die Äste einiger Bäume wachsen schon weit in unseren Garten hinein. Die Waldbesitzerin sagt aber, wir dürften sie nicht entfernen, weil es Wald ist. Stimmt das?
Antwort: Paragraf 422 im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) regelt, dass jeder Eigentümer die in seinen Luftraum überhängenden Äste eines fremden Baumes abschneiden oder sonst benützen darf. Dabei hat er fachgerecht vorzugehen und die Pflanze möglichst zu schonen und muss die Kosten für die Entfernung selbst tragen. "Wenn sich auf dem Nachbargrundstück allerdings Wald im Sinne des Forstgesetzes befindet, wird diese Regelung des ABGB durch das Forstgesetz eingeschränkt", sagt Grössbauer. "Die Beseitigung der überragenden Äste ist dann unzulässig, wenn dies den nachbarlichen Wald einer offenbaren Gefährdung durch Wind oder Sonnenbrand aussetzen würde." Sollte es dadurch zu vermögensrechtlichen Nachteilen kommen, bestehe gegenüber dem Waldbesitzer ein Anspruch auf angemessene Entschädigung.

3. Mein Nachbar hat direkt am Gartenzaun Bambus ohne Rhizomsperre gepflanzt und meint, was zu mir herüberwächst, müsse ich selbst entfernen. Das kann doch nicht sein, oder?
Antwort: Gemäß Paragraf 364 ABGB kann man dem Nachbarn die von seinem Grund ausgehenden Einwirkungen unterschiedlichster Art untersagen, wenn sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. "Unmittelbare Zuleitung ist unter allen Umständen unzulässig", erklärt Grössbauer. Anders gesagt: Der Bambusbesitzer hat durch geeignete Maßnahmen, etwa die Anbringung einer ausreichenden Rhizomsperre, dafür zu sorgen, dass es zu keiner weiteren Ausbreitung der Bambuspflanzen und ihrer Wurzeln auf das Grundstück des Nachbarn kommt. Die Kosten der Entfernung der Wurzeln, die bereits auf dem Nachbargrundstück sind, wird der Bambusbesitzer tragen müssen.

4. Ein Baum unserer Nachbarin wächst komplett schief und steht direkt am Zaun: Schon der Stamm ragt in unser Grundstück hinein. Dürfen wir den Baum fällen?
Antwort: "Weder dem Gesetz noch der bisher vorliegenden Rechtsprechung beziehungsweise Literatur ist eindeutig zu entnehmen, wie vorzugehen ist, wenn die Ausübung des Selbsthilferechts im Sinne des Paragrafen 422 ABGB, also das Abschneiden der überragenden Baumteile, mit Sicherheit zum Absterben des Baumes führen wird", erklärt der Jurist. Nach seiner Einschätzung dürfte das Selbsthilferecht in einem solchen Fall trotzdem ausgeübt werden, da das Eindringen von Pflanzen vom Nachbargrundstück aus nicht geduldet werden muss.

5. Auf dem Nachbargrundstück stehen Birken, die in unserem Garten fast das ganze Jahr über "Mist" machen. Was können wir dagegen tun?
Antwort: Wie bei Lärm oder Gestank geht es auch beim Laub von den Bäumen des Nachbarn um die Frage, wieweit hier das "nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß" überschritten und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigt wird. "Analysiert man die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes hinsichtlich Emissionen aus Laubabfall von Bäumen, so zeigt sich, dass derartige Klagen nur in den seltensten Fällen erfolgreich waren", sagt der Rechtsanwalt.

6. Unser Nachbar zieht mit dem Rechen die Äste unserer Obstbäume zu sich über den Zaun und erntet sie ab. Hat er das Recht dazu?
Antwort: Gemäß Paragraf 422 ABGB ergibt sich für den Nachbarn, in dessen Grundstück Äste und Obst hineinragen, ein Aneignungsrecht für den Überhang. Wer dabei allerdings in den Luftraum über dem Grundstück des Nachbarn eindringt (was bei einer Aktion mit dem Rechen wohl der Fall sein wird) verletzt die Eigentumsrechte des Nachbarn, wie Jörg Grössbauer betont.