Mit einer Elefantenhochzeit wollen die Schweizer Behörden laut Insidern eine von der angeschlagenen Credit Suisse ausgehende Ansteckung des globalen Finanzsystems verhindern. Die Regulatoren des kleinen Alpenstaates drängen die UBS, ihren kleineren Lokalrivalen zu schlucken, sagten zwei mit der Situation vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Voraussetzung für einen Deal, über den am Samstag hektisch verhandelt wurde, seien staatliche Sicherheiten.

Demnach soll die Regierung in Bern eine Garantie zur Absicherung der mit der Übernahme verbundenen Risiken abgeben. Ein Kauf der Credit Suisse durch die UBS wäre der bedeutendste Bankenzusammenschluss in Europa seit der Finanzkrise.

Reihe von Treffen am Wochenende

Im Rahmen des Vorhabens könnte das Schweizer Geschäft der Credit Suisse ausgegliedert werden, hieß es weiter. Für das Wochenende sind einem dritten Insider zufolge eine Reihe von Treffen angesetzt worden, um sich auf einen Plan zu verständigen. Die Schweizerische Nationalbank und die Schweizer Finanzaufsicht Finma haben ihren internationalen Kollegen mitgeteilt, dass sie eine Fusion mit der UBS als einzige Möglichkeit ansehen, den Vertrauensverlust in die Credit Suisse aufzuhalten, berichtete die "Financial Times". Die Parteien arbeiteten unter Hochdruck, um vielleicht schon am Samstagabend eine Einigung zu erzielen, so die Zeitung. UBS, CS und die Finma lehnten eine Stellungnahme ab.

Paukenschlag in der Bankenwelt

Eine mögliche Übernahme des ewigen Rivalen Credit Suisse (CS) durch die Schweizer Großbank UBS wäre ein Paukenschlag in der Bankenwelt. Für die UBS wäre es zweifellos die wichtigste Übernahme, aber bei weitem nicht die einzige in ihrer 170-jährigen Geschichte. Die heutige Großbank entstand letztlich aus der Fusion von über 370 Instituten.

Die Hauptsitze der beiden Schweizer Spitzenbanken UBS und CS liegen sich in der Stadt Zürich am zentralen Paradeplatz direkt gegenüber. Nach Jahren der Konkurrenz könnten sie nun eine Hochzeit mit einem historischen Ereignis für die Schweiz und die globale Finanzwelt feiern. Sollte der Deal tatsächlich zustande kommen, würde die UBS einmal mehr ihren einstigen Unternehmensslogan bestätigen: "Wir werden nicht ruhen."

Die Gerüchte über diese mögliche Übernahme werden von der UBS, der SNB und der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) auch am Samstag nicht kommentiert. "Dazu machen wir keine Angaben", sagte ein UBS-Sprecher der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Auch die Finma antwortete: "Wir kommentieren das nicht." Und auch bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) hieß es "no comment". Auch UBS und Credit Suisse lehnten einen Kommentar dazu ab. 

Laut "Financial Times" (FT) organisierten die SNB und Finma die Gespräche, um Vertrauen in den Bankensektor des Landes aufzubauen. Die Aktien der Credit Suisse legten vor dem Hintergrund der Spekulationen am Freitag - nachbörslich - noch um neun Prozent zu. Im regulären Handel in der Schweiz waren sie davor um rund acht Prozent gefallen.

BlackRock dementiert Interesse an Übernahme

Der Fondsriese BlackRock hat einen Medienbericht über ein mögliches Übernahmeangebot für die angeschlagene Credit Suisse dementiert. "BlackRock ist nicht an Plänen beteiligt, die Credit Suisse ganz oder teilweise zu übernehmen, und hat auch kein Interesse daran", sagte ein BlackRock-Sprecher am Samstag zur Nachrichtenagentur Reuters.

Die Zeitung "Financial Times" hatte zuvor berichtet, dass BlackRock an einer Konkurrenzofferte für die Credit Suisse arbeite, um einen möglichen Kauf der Schweizer Großbank durch den heimischen Rivalen UBS zu vereiteln. Der US-Investmentriese prüfe eine Reihe von Optionen und arbeite mit anderen Investoren zusammen, so die "Financial Times" weiter.

Massiver Vertrauensschwund

Die Credit Suisse kämpft seit Tagen mit einem Vertrauensschwund von Anlegern und Kunden. Auslöser waren ursprünglich zwar hausgemachte Probleme. Doch die Krise rund um die amerikanische Silicon Valley Bank befeuerte die Verunsicherung weiter. Am Mittwochabend stellten sich die Schweizerische Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht Finma hinter die Credit Suisse. Wenige Stunden später begann das Institut einen Notfallkredit im Volumen von 50 Milliarden Franken anzuzapfen.

Insidern zufolge sind für das Wochenende außerordentliche Sitzungen verschiedener Teams angesetzt worden. Dabei sollten Finanzdaten aufbereitet und Szenarien für die Zukunft der Schweizer Großbank erarbeitet werden, wie mit der Situation vertraute Personen am Freitag zur Nachrichtenagentur Reuters sagten.

Die Übernahme durch eine ausländische Großbank halten Experten für eher unwahrscheinlich und für eine Aufspaltung in mehrere Teile könnte die Zeit zu knapp bemessen sein. Sollte die UBS abwinken, wäre direkte Staatshilfe wie etwa der Kauf einer Beteiligung eine weitere Option. Damit müsste die Schweiz allerdings eine dicke Kröte schlucken. Denn nach der Staatsrettung der UBS im Jahr 2008 haben die Behörden große Anstrengungen unternommen, in Zukunft ein ähnliches Ereignis zu verhindern. So wurden etwa die Kapitalvorschriften verschärft und Vorbereitungsmaßnahmen für eine Abwicklung von Banken getroffen.

UBS verbuchte zuletzt Milliarden-Gewinne

Die UBS hat einen guten Lauf: 2022 fuhr der weltgrößte Vermögensverwalter für Reiche und Superreiche einen Gewinn von 7,63 Milliarden Dollar ein und schaffte damit das beste Ergebnis seit 16 Jahren. Credit Suisse erlitt dagegen einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken.

UBS will vor allem im Geschäft mit vermögenden US-Privatkunden wachsen. Credit Suisse hat sich dagegen aus diesem Geschäft weitgehend zurückgezogen. Attraktiv könnte für die UBS aber das Vermögensverwaltungsgeschäft der Credit Suisse insbesondere in Asien sein. Zudem könnte sie den kleineren Rivalen wohl zu einem Schnäppchenpreis kaufen. Credit Suisse ist an der Börse nur noch 7,4 Milliarden Franken wert, die UBS etwa 60 Milliarden Franken. Die Übernahme einer Großbank gilt aber als hochkomplex, langwierig und risikoreich.

Schweizer Regierung unter Druck - und schweigsam

Bisher hat die Regierung in Bern zur Situation der Credit Suisse geschwiegen. Aber die Politik steht unter einem enormen internationalen Druck, die Credit Suisse zu stabilisieren. Denn es steht viel auf dem Spiel. Bei einem unkontrollierten Kollaps des Instituts droht Experten zufolge eine erneute weltweite Finanzkrise.