Der Stromkonzern Verbund hat im abgelaufenen Geschäftsjahr von den stark gestiegenen Strompreisen auf dem Großhandelsmarkt profitiert und in den wesentlichen Kennzahlen Verdoppelungen erzielt. Das Konzernergebnis erhöhte sich um 97 Prozent auf 1,72 Mrd. Euro. In den kommenden drei Jahren will das Unternehmen mit rund 4,6 Mrd. Euro so viel investieren wie noch nie. Von dem guten Ergebnis profitieren auch die Aktionäre, darunter die Republik Österreich.

"Wir wollen beitragen zum Ausbau der grünen Erzeugung in Europa, das ist wichtig, damit dieser Kontinent weniger abhängig von fossilen Importen wird und damit es wieder zu günstigen Strompreisen kommt", sagte Verbund-Vorstandsvorsitzender Michael Strugl am Donnerstag bei der Präsentation des Jahresergebnisses. Deshalb werde man von 2023 bis 2025 insgesamt rund 4,6 Milliarden Euro in den Netzausbau, die Effizienzsteigerung und des Ausbaus der Wasserkraft und Wind- und Solarkraft investieren. Der Verbund habe seine Investitionen damit um 50 Prozent erhöht.

"Das Jahr 2022 war von zahlreichen Risiken und Unsicherheiten geprägt, die zum Teil historische Ausmaße angenommen haben", sagte Finanz-Chef Peter Kollmann und verwies auf die besonders trockenen Monate und damit verbundene geringere Erzeugung aus Wasserkraft und die hohen Strom- und Gaspreise.

"Haben einen milliardenschweren Sicherheitspuffer"

Von den hohen Preisen habe der Verbund natürlich profitiert, gleichzeitig seien dadurch aber auch Margin-Zahlungen zur Absicherung von Geschäften an den Energiebörsen in Milliardenhöhe fällig geworden. Die Liquidität für diese Zahlungen aufzubringen, sei enorm herausfordernd gewesen. "Wir haben einen milliardenschweren Sicherheitspuffer", sagte Kollmann. Es sei wichtig, "dass dieses Konzernergebnis nicht nur in seinem trockenen Anstieg gesehen wird", sagte der Finanz-Vorstand und verwies auf eine höhere Dividende und die gestiegenen Investitionen.

Auch für 2023 erwartet das Unternehmen große Volatilität bei den Marktpreisen. Unter anderem davon abhängig sei auch die erwartete Höhe der Gewinnabschöpfung: "Aus heutiger Sicht ist die Bandbreite sehr groß", sagte Strugl. Der Verbund rechnet demnach mit einer Abschöpfung zwischen 300 und 800 Millionen Euro für 2023.

Zur kürzlich gefallenen Entscheidung des Handelsgerichts Wien, die die Verbund-Preiserhöhung vom Mai 2022 für unzulässig erklärt hat, sagte Strugl im Bezug auf die Endkundenpreise: "Wenn Marktpreise nicht mehr maßgeblich sind, schafft das eine völlig neue Situation". Das müsse nun ausjudiziert werden, der Verbund hat Berufung gegen das Urteil eingelegt, Strugl rechnet auch damit, dass der Fall vor den Obersten Gerichtshof (OGH) kommt.

Umsatz von 10,35 Milliarden Euro

Der Gewinn vor Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) verdoppelte sich auf 3,16 Milliarden Euro. Auch beim operativen Ergebnis (EBIT) verzeichnete der Verbund eine Verdoppelung auf 2,63 Milliarden Euro. Die Umsatzerlöse legten kräftig um 117 Prozent auf 10,35 Milliarden Euro zu. Aufgrund des trockenen Sommers war die Erzeugung aus Laufwasserkraft im Geschäftsjahr 2022 aber stark unterdurchschnittlich. Der Erzeugungskoeffizient lag mit 0,86 um 9 Prozentpunkte unter dem Wert des Vorjahres und um 14 Prozentpunkte unter dem langjährigen Durchschnitt. Demnach musste im vergangenen Jahr nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer Strom importiert werden.

Deutlich höhere Dividende

Von der guten Geschäftsentwicklung profitieren auch die Aktionäre, darunter die Republik Österreich. Der teilstaatliche Konzern will für 2022 eine deutlich höhere Dividende von 3,60 Euro je Aktie ausschütten. Diese Dividende bestehe aus einer ordentlichen Dividende in Höhe von 2,44 Euro pro Aktie und einer Sonderdividende in Höhe von 1,16 Euro pro Aktie. 2021 lag die Dividende bei 1,05 Euro pro Anteilsschein. Insgesamt ergibt sich somit für das Jahr 2022 eine Ausschüttung von 848 Millionen Euro, mit der Sonderdividende kommen nochmals 400 Millionen Euro dazu. Die Republik Österreich erhalte für 2022 rund 1,5 Milliarden Euro, bestehend aus Dividende, Steuern und Gewinnabschöpfung.

Die Republik hält 51,0 Prozent am Verbund, weitere 25,0 Prozent gehören einem Syndikat aus EVN und Wiener Stadtwerke, 5,0 Prozent hält die TIWAG und 20,0 Prozent sind in Streubesitz. Der Verbund-Aktienkurs lag am Donnerstag zu Mittag bei 78,10 Euro, die Veröffentlichung der Jahresergebnisse bescherte der Aktie ein Plus von 0,71 Prozent. Seit Jahresbeginn verlor die Aktie 1,08 Prozent, 2022 gab der Kurs um 20,5 Prozent nach. Grund waren laut Verbund die diskutierten und beschlossenen Markteingriffe, die für Verunsicherung gesorgt haben.

Für das Geschäftsjahr 2023 erwartet der Stromkonzern ein EBITDA zwischen rund 3,5 und 4,4 Milliarden Euro und ein Konzernergebnis zwischen rund 1,9 und 2,5 Milliarden Euro. Die Ausschüttungsquote soll zwischen 45 und 55 Prozent des bereinigten Konzernergebnisses liegen.

"Enorme Übergewinne"

Das gewerkschaftsnahe Momentum Institut ortet beim Verbund-Ergebnis "enorme Übergewinne". Der Umsatz pro Megawattstunde sei demnach stark gestiegen, einerseits aufgrund von höheren Kosten, andererseits aber auch, weil der Verbund den Gewinnaufschlag verdoppelt habe. Die Grenzwerte der vorgesehenen Abschöpfung von Übergewinnen seien unterdessen so großzügig gestaltet, dass sie für den Löwenanteil der Gewinne gar nicht greifen würden, kritisierte der Thinktank am Donnerstag in einer Aussendung. Auch FPÖ-Obmann Herbert Kickl hat die Gewinnverdoppelung des Verbundes kritisiert und forderte die Regierung auf, die Dividende "umgehend für Entlastungsmaßnahmen" einzusetzen.