"Das war Bankraub durch Vorstand.“ Pointiert fasst Helmut Ettl, Chef der Finanzmarktaufsicht, den Skandal der Commerzialbank (Cb) zusammen. Die Causa, in der die FMA selbst unter schweren Beschuss geraten ist, ist allerdings nicht so einfach, blickt man auf die große Zahl von Ermittlungen, Verfahren und Klagen. Diese Woche nahm ein U-Ausschuss des burgenländischen Landtages die Arbeit auf.

Der jüngste Paukenschlag: Insgesamt fast 100 Personen – fünf Oberstaatsanwälte, IT- und Wirtschaftsexperten sowie 80 Polizeibeamte des Burgenlandes, aus Oberösterreich und Wien – rückten am Donnerstag zu Hausdurchsuchungen an 12 Standorten in drei Bundesländern aus. Das ist ein neuer vorläufiger Höhepunkt im Skandal um die Commerzialbank Mattersburg (Cb). Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft weitete auch die Ermittlungen aus und zog eine erste Zwischenbilanz.

Der Kriminalfall. Ermittelt wird nun nicht mehr nur gegen die Ex-Vorstände der Bank, Martin Pucher (64) und seine Kollegin (55), sondern gegen insgesamt sieben Beschuldigte, darunter ein Ex- Aufsichtsrat und ein Unternehmen. Es geht um gewerbsmäßig schweren Betrug, Untreue, betrügerische Krida und Geldwäsche. Gegen Einzelne werde auch wegen Vorwürfen nach dem Finanzstrafgesetz ermittelt, so die WKStA. Dazu prüfe man Verdachtsmomente gegen mehrere Personen wegen Geldgeschenken. Am Donnerstag ließ die Staatsanwaltschaft 30 Konten öffnen und nahm 15 Sicherstellungen vor. Seit Beginn der Ermittlungen gab es mehr als 20 Durchsuchungen sowie 60 Einvernahmen von Beschuldigten und Zeugen. Die Behörde geht in dem Bankenskandal aktuell von einem Schaden von mindestens 530 Millionen Euro aus.

Offiziell nennt die Staatsanwaltschaft zwar keine Namen, sie bestätigt aber die Vorwürfe, die zur Pleite geführt haben. Sie wird Ermittler und Gerichte viele Jahre beschäftigen. Puchers Anwalt Norbert Wess rechnet mit einem Start des Strafprozesses in vier Jahren. Noch länger werden sich die Konkursverfahren hinziehen.

Die Konkursfälle. Erinnern Sie sich an die Riegerbank? Deren Pleite ist nach 22 Jahren noch nicht abgeschlossen, weiß Alexander Klikovits, Experte des Kreditschutzverbandes 1870. Bei der Commerzialbank geht er derzeit von zehn Jahren Dauer aus. Als sicher gilt bereits, dass alle Gläubiger außer der Einlagensicherung leer ausgehen werden. In Konkurs sind zudem die Kreditgenossenschaft als Hauptaktionärin, der SV Mattersburg, Pucher und die zweite, 55 Jahre alte Vorständin. Letztere werden die Forderungen nie begleichen können. Stimmen die Gläubiger einem Zahlungsplan oder Abschöpfungsverfahren nicht zu, was in der aktuellen Stimmung als mögliches Szenario kursiert, droht ihnen mit der Pfändung auf das Existenzminimum der „ewige Konkurs“.

Haftungen. Sie sind der Strohhalm für alle, deren Geld in der Cb verschwand. Viele Anwälte klagen die Republik auf Amtshaftung, da die Aufsicht versagte. Seit 2008 ist aber die FMA von der Haftung gegenüber Dritten freigestellt, was in den Augen von Anwälten wiederum verfassungswidrig sein könnte.

Indes klagte Michael Lentsch, Konkursverwalter der Cb, die Wirtschaftsprüfer der TPA auf Schadenersatz. Die TPA prüfte die Bank seit 2006, sieht sich selbst betrogen, ergriff bis jetzt aber keine rechtlichen Schritte. Offen lässt das Unternehmen, ob es den Prüfbericht der APAB publik machen wird. Die APAB – Abschlussprüferaufsichtsbehörde – durchleuchtet seit Juli die Arbeit der TPA beim Jahresabschluss 2018 der Cb. „Wir werden heuer fertig, über das Ergebnis dürfen wir aber nichts sagen“, erklärt Vorstand Peter Hofbauer. Der Bericht gehe nur an die TPA, eine Veröffentlichung sei vom Gesetz her nicht vorgesehen. Sanktionen – von Geldstrafen bis zu Berufsverboten – würden auf der Website der APAB anonymisiert veröffentlicht, können aber vor Gericht bekämpft werden, was in der Regel auch gemacht werde.