Wie schwer trifft die Coronakrise Kärntens Wirtschaft? Dieser Frage widmete sich im Auftrag des Landes die im Klagenfurter Lakeside Park beheimatete Forschungsgruppe „Regionalökonomie und Strukturpolitik“ des Joanneum Research mit Eric Kirschner. Das Wichtigste vorweg: Kärntens Betroffenheit sei „mittelschwer“. Das Land stehe jedoch auf mehreren Beinen, ebenso ein Vorteil wie die Stabilität durch viele kleinere und mittlere Betriebe. Daraus ergebe sich eine Reihe von Chancen. Kirschner informierte dazu am Dienstag Regierungsmitglieder und Vertreter der Opposition.

Dennoch zeichnen die – sogar optimistischen – Szenarien ein düsteres Bild. Im allerbesten Fall erholt sich die Wirtschaft schnell, bricht die regionale Wertschöpfung „nur“ um 4,2 Prozent bzw. 900 Millionen Euro ein. Dass das eintritt, ist beinahe ausgeschlossen. Die realistischeren Szenarien sehen deutliche mittel- bis langfristige Folgen für das produzierende Gewerbe. Je nach Erholungsgrad des Tourismus kommt es zum Einbruch der Wirtschaftsleistung um 7,9 bis 8,5 Prozent – 1,7 bis 1,8 Milliarden Euro.

Ampeln stehen auf Gelb oder Rot

Aktuell stehen laut Joanneum Research für alle Branchen in Kärnten die Ampeln auf Gelb oder Rot. Das „Gelblicht“ der Industrie wechsele noch auf Rot, warnt Kirschner: Die Nachfrage aus Exportmärkten bricht ein, Investitionen sinken, vor allem der Maschinenbau mit Fokus auf die deutsche Autoindustrie wird massiv getroffen sein.

Quelle: Joanneum Research
Quelle: Joanneum Research © Kleine Zeitung

Neben Risiken auch Chancen – vor allem für die Elektronik- und Elektrotechnik-Industrie. Der sinkende Konsum trifft die Branche zwar indirekt. Allerdings seien dies längerfristige Effekte, das dritte Quartal werde „spannend“, sagt Kirschner.

Bauwirtschaft erholt sich schneller

Sinkende Nachfrage trifft die Holzwirtschaft schwer, ebenso leidet der Handel weiter unter der Krise. Dafür soll sich die Kärntner Bauwirtschaft mit konjunkturellen Maßnahmen der öffentlichen Hand schneller erholen, prognostiziert das Joanneum Research. Der Bau könnte die erste Branche sein, wo die Konjunktur-Ampel auf „Grün“ springt. Gute Aussichten auch für den Zweig der Forschung und Entwicklung sowie technische Dienstleistungen.

Neben dem Bau steht in Kärnten der Tourismus vergleichsweise gut da: Zwar war die Betroffenheit während des Lockdowns am stärksten und die Unsicherheiten der Entwicklung sind groß, doch die Potenziale für eine Erholung ebenso. Kärnten könnte von internationalen Gefahrenlagen tendenziell profitieren, sagt Kirschner: „Kärnten ist weit weniger betroffen als andere Länder.“

Eric Kirschner, Gaby Schaunig
Eric Kirschner, Gaby Schaunig © KK

Sicher ist hingegen, dass junge Menschen Verlierer der Krise sein werden. Hinzu kommt das Heer Langzeitarbeitsloser. Hier gelte es anzusetzen.

"Frontrunner bei Zukunftsthemen"

Was für Kärnten spreche: „Anders als in vielen europäischen Regionen gibt es keine Tendenz zur Deindustrialisierung“, der strukturelle Wandel gehe in die richtige Richtung. „Verstärkte Investitionen in Bildung und Ausbildung“ sowie „Investitionen in das Eigenkapital“ sind für Kirschner vordringlich. Die Krise vernichte zwar Stellen – schaffe aber andere Jobs. „Wir müssen die Frontrunner bei Top-Zukunftsthemen werden“, sagt Finanzreferentin Gaby Schaunig (SPÖ). Mit stillen Beteiligungen, Darlehen des Landes, einem neuen Angebot an Anreizen für „disruptive Innovationen“, eigenen Investitionsprogrammen und Qualifizierungsmaßnahmen könne Kärnten ergänzend zu den Fördermaßnahmen des Bundes punkten.