95 Jahre: Das wischt man nicht so einfach vom Tisch. 95 Jahre gibt es den steirischen Logistik-Spezialisten Jöbstl bereits. Der Sitz des Familienunternehmens ist seit 2010 Wundschuh. Und dort wird demnächst ausgebaut, allerdings unter einem neuen Eigentümer. Der in mehr als 100 Ländern der Erde tätige Konzern Kühne und Nagel wird sich – vorbehaltlich der Zustimmung der Kartellbehörden – den mittelständischen Betrieb einverleiben.

Christoph Jöbstl, Geschäftsführer, spricht von einer sehr emotionalen Entscheidung: „Es hat sehr viele Gespräche gegeben, in deren Verlauf auch bei uns Tränen geflossen sind.“

175 Mitarbeiter werden übernommen

„Glücklich und happy“ zeigt sich hingegen Franz Braunsberger, Chef von Kühne und Nagel in Österreich, über die Expansion, mit der der Schweizer Konzern hierzulande kräftig wachsen wird.

Zu den eigenen rund 500 Mitarbeitern übernimmt Kühne und Nagel weitere 175 von Jöbstl. Zum Umsatz von 400 Millionen Euro kommen 70 Millionen der Jöbstl-Gruppe hinzu. Darunter fallen die Standorte Spielfeld, Fürnitz (Kärnten), Wien, Wallern (OÖ), Marburg und Laibach sowie die SLM Spedition in Wiener Neudorf. Nicht übernommen werden Niederlassungen in Ungarn, Bulgarien, Rumänien und Deutschland, für die Jöbstl andere Käufer finden muss.

„Wir wollten das Unternehmen in ein sicheres Fahrwasser für die Zukunft bringen“, erklärt Christoph Jöbstl die Beweggründe. „Die vergangenen Jahre sind bombastisch gelaufen. Aber wir sind ein reiner Landspediteur und uns fehlt die See- und die Luftfahrt. Die Frage war, ob wir monetär stark genug sind, das allein zu machen.“

Besiegelten die Übernahme: Christoph Jöbstl, Franz Braunsberger und Kurt Jürgen Jöbstl (von links)
Besiegelten die Übernahme: Christoph Jöbstl, Franz Braunsberger und Kurt Jürgen Jöbstl (von links) © Kühne und Nagel

Da sei man zur Erkenntnis gelangt, dass die Mitarbeiter in einem Konzern bessern aufgehoben seien. „Unsere Standorte werden massiv gestärkt“, sagt Co-Geschäftsführer Kurt Jürgen Jöbstl, „für die Mitarbeiter gibt es nicht einmal eine örtliche Veränderung.“

Marke Jöbstl bleibt bestehen - noch

Die Marke Jöbstl solle „für längere Zeit“ bestehen bleiben, versichert Braunsberger. Die Anlagen und Immobilien bleiben außerdem im Eigentum der Familie, die sie an Kühne und Nagel vermieten wird (seit 2016 ist Jöbstl auch als Bauträger tätig, diesen Bereich wolle man nun ausbauen). Bis Mitte 2020 werden in Wundschuh 2,5 Millionen Euro in die Erweiterung der Büroflächen investiert. 30 Lkw, 40 Aufleger und 180 Wechselbrücken sind im Kaufpreis enthalten, über den Stillschweigen vereinbart wurde.

Kühne und Nagel will mit der Übernahme sein Landverkehrsnetzwerk ausbauen und den Anschluss an die Nachbarländer verdichten. In der Steiermark, hier gibt es in Werndorf einen Standort, sei man an die Grenzen gestoßen, auch was die Mitarbeitersuche betrifft, erklärt Günter Hahn, Chef für Steiermark und Kärnten. „Am Mitbewerber Jöbstl haben wir uns oft die Zähne ausgebissen. Jetzt haben wir mit einem Schlag mehr Kapazität, viel mehr Know-how und sind auf Augenhöhe mit den Konkurrenten Weiss und Schenker.“