Für Goldanleger war das Jahr 2025 mit einem Plus von über 70 Prozent beim Goldpreis in US-Dollar eines der besten Jahre in der Geschichte. Eine mögliche Korrektur von 15 bis 25 Prozent wäre jetzt „eher eine Hygienemaßnahme als ein Weltuntergang“, meint der Fondsmanager und Gold-Analyst Ronald Stöferle. Gefährlich wäre das vor allem für stark gehebelte Wetten. „Mein Fazit: Der Goldpreis ist weiterhin strukturell gesund, taktisch aber heiß“, so Stöferle zur APA.
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) hat bei Gold ein „explosives Verhalten“ diagnostiziert - ein solches Jahresplus sei historisch selten, erste Spekulationsspuren seien erkennbar. Beim gelben Edelmetall war es zu Beginn der Woche zu deutlichen Preisschwankungen gekommen. Nachdem die Notierung für eine Unze zunächst nur knapp ein Rekordhoch bei fast 4.550 Dollar (3.867 Euro) verfehlt hatte und am Montag zeitweise bis auf 4.307 zurückgefallen war, wurde das Edelmetall in London zuletzt bei 4.385 Dollar gehandelt.
Fundamental sei die Rally aber erklärbar, so Stöferle, der mit Incrementum jährlich den weltweit beachteten Report „In Gold We Trust“ veröffentlicht. Gold profitiere von geopolitischen Verwerfungen, die durch das Einfrieren russischer Währungsreserven nach Ausbruch des Ukraine-Krieges auch eine „währungspolitische Komponente“ bekommen hätten. Gold sei „neutral“ und habe „kein Gegenparteirisiko“ - rekordhohe Zentralbankkäufe seien die Folge gewesen, zuletzt sei auch Brasilien als BRICS-Mitglied neu am Goldmarkt aktiv geworden.
Diesen Rückenwind sieht Stöferle weiterhin. Allein im dritten Quartal 2025 hätten Zentralbanken knapp 220 Tonnen Gold gekauft, seit Jahresbeginn 630 Tonnen. Für das Gesamtjahr stellt er 800 bis 900 Tonnen in Aussicht - rund ein Viertel der jährlichen Neuförderung. Besonders aktiv blieben China, Indien, die Golfstaaten sowie osteuropäische Länder wie Polen. Eine „Sättigung“ der Notenbanknachfrage sehe er nicht.
Im Westen komme die Investorennachfrage nun ebenfalls in Gang. „Nach Jahren der Abstinenz“ gebe es „spürbare ETF-Inflows, inzwischen sechs Monate in Folge“, sagt Stöferle. Institutionelle Anleger seien aber „noch im Halbschlaf“ - laut JP Morgan liege der Goldanteil in Portfolios bei 2,8 Prozent, das Potenzial werde auf 4 bis 5 Prozent in den nächsten Jahren geschätzt. Gleichzeitig habe Gold 2025 praktisch „alle anderen Assets“ geschlagen, während S&P 500 und Nasdaq mit plus 17 bzw. 22 Prozent deutlich im Plus lägen.
Auch der schwächere US-Dollar wirke als Verstärker, aber nicht als alleiniger Motor: Der Dollar habe 2025 gegenüber dem Euro mehr als 13 Prozent verloren. Von einem Kollaps könne aber „keine Rede“ sein, vielmehr von einer „graduellen Erosion“ - „De-Dollarization“-Tendenzen setzten sich fort, aber „im Zeitlupentempo“.
Fed-Politik nach dem Motto „Zinsen unten halten, Inflation tolerieren“
Geldpolitisch ortet Stöferle in den USA ein „Zins unten halten, Inflation tolerieren“-Gemisch: Die Fed Funds Rate liege seit Mitte Dezember nach einer kleinen Senkung bei 3,50 bis 3,75 Prozent, zugleich habe die Fed monatliche Ankäufe von US-Treasury-Bills im Ausmaß von 40 Mrd. Dollar (33,94 Mrd. Euro) beschlossen. Zusätzlich warnt er vor wachsendem politischen Druck: Das Mandat von Jerome Powell laufe im Mai 2026 aus. Die EZB habe Zinssenkungen hingegen bei 2,15 Prozent gestoppt - auch aus Sorge vor einem zu schwachen Euro.
Als „stillen Haupttreiber“ der Hausse bezeichnet Stöferle das ungebremste Schuldenwachstum: In den USA nähere sich die Staatsschuld der Marke von 40 Billionen Dollar, global beziffert er den Schuldenstand laut IIF (Institute of International Finance) mit 337 Billionen Dollar. Die Märkte würden zwar nervöser, panisch seien sie aber noch nicht - „es gibt keinen offenen Buyers‘ Strike bei Treasuries“.
Silber weiter im Höhenflug?
Beim Ausblick verweist Stöferle auf die Langfrist-Szenarien aus dem „In Gold We Trust“-Report seines auf Edelmetalle spezialisierten Investmenthauses Incrementum: Das Basisszenario sieht 4.800 Dollar bis 2030, das inflationäre Szenario 8.900 Dollar bis Ende 2030 (Zwischenziel 4.770 Dollar per Ende 2026). Silber und Minenaktien könnten Gold weiter outperformen - Silber sei bereits von unter 30 auf über 60 Dollar gestiegen, ein dreistelliger Silberpreis sei möglich, allerdings bei deutlich höherer Volatilität.
Der Preis für Silber hat sich am Dienstag nach kräftigen Kursschwankungen zu Beginn der Handelswoche vorerst stabilisiert. An der Metallbörse in London wurde für eine Feinunze (etwa 31,1 Gramm) im Mittagshandel 74,42 US-Dollar (63,25 Euro) gezahlt. Der Preis lag zwar mehr als zwei Dollar über der Notierung vom Vorabend, zeigte aber etwa das gleiche Niveau wie am vergangenen Freitag.
Nachdem der Silberpreis in der Nacht auf Montag ein Rekordhoch bei 84,01 Dollar erreicht hatte, kam es im weiteren Montagshandel zu starken Gewinnmitnahmen. Der Silberpreis war zeitweise bis auf 70,54 Dollar zurückgefallen. Der Einbruch war der stärkste im Lauf eines Tages seit mehr als fünf Jahren.
Die starken Preisschwankungen standen am Ende einer eindrucksvollen Aufwärtsbewegung beim Silberpreis. Vor allem in den vergangenen Monaten hat sich das Edelmetall deutlich verteuert, nachdem es mit einem Preis von nur etwa 30 Dollar ins Jahr gestartet war. Neben geopolitischen Risiken und sinkenden Zinsen in den USA hat auch eine starke Nachfrage nach Silber als wichtiger Rohstoff für die Energiewende in der Photovoltaik-Industrie für eine starke Nachfrage gesorgt.