Das über der Inflation liegende Gehaltsplus bei der Wirtschaftskammer sorgt seit Tagen für Aufregung. Wie berichtet, sollte die Gehaltserhöhung für die rund 6000 Wirtschaftskammer-Beschäftigten für 2026 satte 4,2 Prozent betragen. Scharfe Kritik an der WKÖ-Gehaltserhöhung kam nicht nur von der FPÖ und den NEOS, sondern auch von den Grünen und der Industriellenvereinigung (IV) Wien. Ungewohntes Lob bekommt die Wirtschaftskammer hingegen von vida-Chef Roman Hebenstreit: „Ich begrüße das Umdenken der Wirtschaftskammer und ihres Präsidenten ausdrücklich“, sagte Hebenstreit in einer Aussendung.
Auch innerhalb der Wirtschaftskammer war zuletzt viel Unmut zu vernehmen. Jetzt wird der Retourgang eingelegt. So berichtete zunächst „Die Presse“, dass das Gehaltsplus von 4,2 Prozent um die Hälfte reduziert werden soll. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) soll sich – trotz aktueller Rekonvaleszenz – persönlich eingeschaltet haben. Auch er soll seinen Unmut zum Ausdruck gebracht haben, immerhin hatte die Bundesregierung zuvor die „Erhöhung für die Pensionisten gedrückt und den Gehaltsabschluss für die Beamten wieder aufgemacht“, heißt es in dem Bericht. Die Lösung soll nun sein, dass die geplante Erhöhung um die Hälfte gekürzt wird, also auf knapp über zwei Prozent.
„Schiefe Optik“
Am Mittwoch wurden die WK-Beschäftigten darüber informiert, dass die Gehälter 2026 nicht um 4,2 Prozent erhöht werden, sondern um 2,1 Prozent. Damit liegt man unter der Inflationsrate. Das kündigte WKÖ-Präsident Harald Mahrer am Mittwoch in mehreren Medien an. „In gesamtstaatlich schwierigen Situationen braucht es auch von der Kammer ein Zeichen“, begründete er den Schritt im Ö1-„Mittagsjournal“. Angesichts der „schiefen Optik“ habe er nun ein Machtwort gesprochen, so Mahrer.
„Richtig rechnen heißt nicht immer richtig handeln“, so Mahrer zu den ursprünglich geplanten Anpassungen über der Teuerung. Für die Aufregung äußerte er Verständnis, nun gelte es aber, „das Ergebnis zu beurteilen“. Mit der Halbierung sowohl in der WKÖ als auch in den Landesorganisationen komme die Wirtschaftskammer nun auch ihrer Verantwortung nach. „Es müssen alle ihren Beitrag leisten“, sagte Mahrer.
So argumentierte die Wirtschaftskammer
Zuvor hatte die Wirtschaftskammer am Montag argumentiert, dass die diesjährige Gehaltserhöhung zeitverzögert erfolge und sich stark an den KV-Abschlüssen der Unternehmen im vergangenen Jahr orientiere, „um die Realitäten der Mitgliedsunternehmen bestmöglich abzubilden“. Im Vorjahr hätten sich die KV-Abschlüsse im Bereich 5,4 Prozent bis 9,2 Prozent bewegt.
Die jährlichen Gehaltserhöhungen der WKÖ-Mitarbeiter würden im langjährigen Vergleich deutlich niedriger ausfallen als in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst. So habe die „Faktorerhöhung“ in der Wirtschaftskammer seit 2015 im Mittel 2,6 Prozent betragen - und sei damit nicht nur deutlich unter den KV-Erhöhungen etwa im Handel (3,1 Prozent) oder im öffentlichen Dienst (3,2 Prozent) gelegen, sondern auch unter der Teuerung (VPI: 3,1 Prozent). Die „Faktorerhöhung“ ist nicht Ergebnis von Verhandlungen, sondern einer Formel, die Inflation sowie den Tariflohnindex berücksichtigt. Diese Berechnungsformel sei 2024 von allen Fraktionen im WKÖ-Präsidium einstimmig beschlossen worden, hieß es aus der WKÖ.
In diesem Sinne will Mahrer auch an der Berechnungsformel der Gehälter in der Kammer festhalten: „Warum soll man sie aussetzen, (. . .) wenn die Gehaltsanpassungen immer unter dem Handel, dem öffentlichen Dienst und unter den Metallern waren“, meinte Mahrer im ORF-Radio.
Andere Berechnungsformeln in AK und LKÖ
Die Gehaltsanpassungen in der Arbeiterkammer und der Landwirtschaftskammer folgen im Übrigen anderen Regeln als in der Wirtschaftskammer. Die Mitarbeiter der Arbeiterkammern bekommen zwischen 2,7 Prozent (alte Dienstverträge) und 2,9 Prozent (neue Dienstverträge), wobei die meisten Beschäftigten schon neue Dienstverträge haben. Als Basis für die Gehaltsverhandlungen zwischen den Betriebsräten und den Präsidien der neun Landesarbeitskammern dient die rollierende Inflation, heuer jene im April. Überzahlungen gibt es in der AK nicht, es gelten einheitliche „Schema-Bezüge“.
Wieder anders läuft es in der Landwirtschaftskammer: Auf Bundesebene und auch in den meisten Bundesländern werden 1:1 die Abschlüsse des öffentlichen Dienstes übernommen. In einzelnen Länderkammern sei das in den letzten Jahren auch anders gewesen - in diesen Fällen seien das aber stets Abweichungen nach unten gewesen, hieß es aus der LKÖ.