Rund 220.000 Tonnen Altkleider fallen pro Jahr in Österreich an. „Davon werden etwa 44.500 Tonnen getrennt über die Altkleidersammlung gesammelt, der Großteil landet meist im Rest- oder Sperrmüll“, sagt Matthias Neitsch, Geschäftsführer von Re-Use Austria. Im Sommer sorgte eine Untersuchung der Umweltschutzorganisation Greenpeace für Schlagzeilen, bei der 20 gespendete Kleidungsstücke getrackt wurden. Das Ergebnis war verheerend: Denn nur ein Bruchteil der Kleidungsstücke wurde tatsächlich weiterverwendet. Laut der GPS-Daten legte der überwiegende Anteil lange Routen zurück und landete in neun verschiedenen Ländern auf drei Kontinenten, wo es kein funktionierendes Abfallsystem gibt.
Altkleiderspende
Neitsch zieht daraus das Resümee: „Der Greenpeace-Bericht hat vor allem zwei Problemfelder aufgedeckt: Erstens die enorme Überproduktion von kurzlebiger Ramsch-Kleidung, die in der Altkleidersammlung Probleme verursacht, weil sie nicht wiederverwendet werden kann, zweitens die fehlenden Sortieranlagenkapazitäten für eine professionelle Vollsortierung in Österreich.“ Nichtsdestotrotz sei es sehr wohl sinnvoll, gut tragbare Kleidung weiterhin sozialwirtschaftlichen Einrichtungen wie Caritas und die Sozialen Betriebe Kärnten (SBK) zu spenden. Da diese im Gegensatz zu privatwirtschaftlichen, gewinnorientierten Sammlern die Bekleidung selbst sortieren, in eigenen Geschäften verkaufen oder an Bedürftige weitergeben würden. Gespendet werden sollten nur solche Stücke, die man auch im Familien- und Freundeskreis weitergeben würde – also gut erhaltene, saubere und tragbare Kleider. Kaputte Textilien gehören in den Restmüll.
Doch auch für die sozialwirtschaftlichen Betriebe wird es eine immer größere Herausforderung, den enormen Kleiderbergen Herr zu werden. Die SBK, die Langzeitarbeitslose beschäftigen, um ihre Vermittlungschancen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu erhöhen, haben kürzlich das Sammelnetz in Kärnten auf 400 Altkleidercontainer ausgebaut. SBK-Geschäftsführerin Elisabeth Niederer rechnet mit einer Sammelmenge von 2000 Tonnen pro Jahr. „Jede Woche kommen enormen Mengen zusammen. Deutlich mehr, als wir vor Ort im Sinne der Kreislaufwirtschaft sinnvoll verwerten können“, sagt die SBK-Chefin. Zehn Prozent der Sammelmenge bestehen aus Restmüll oder Fehlwürfen wie defekte Elektrogeräte, Spielzeug oder Bauschutt. Nur etwa zehn Prozent können in den SBK-Second-Hand-Boutiquen weiterverkauft werden. Das, was übrig bleibt, wird industriell verwertet, da Faser-zu-Faser-Recycling noch nicht im Industriemaßstab verfügbar ist. Aus den Textilien werden also neue Materialien gemacht wie Putzlappen, Dämmstoffe und Faservliese (wie Malervlies).
Rund 100 Tonnen Altkleiderspenden pro Jahr landen bei der Caritas Kärnten. „Wir freuen uns über viel qualitativ hochwertige Kleidung, die wir gerne und dankend annehmen, beobachten jedoch gleichzeitig durch die sogenannte Fast Fashion Kleidung einen Qualitätsverlust“, sagt Patrick Pajer, carla-Teamleiter der Caritas Kärnten. Fast die Hälfte der Sachspenden bekommen in den carla-Shops eine zweite Chance. Sie seien zum einen ein Beitrag zur Kreislaufwirtschaft und unterstützen zum anderen armutsbetroffene Menschen.
Die EU versucht mit neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen der Textilflut Herr zu werden. Unter anderem sollen künftig Textilproduzenten und Modemarken eine Gebühr für die Entsorgung der Altkleider leisten müssen. Darüber hinaus sollen neue Vorschriften Hersteller zu einer besseren Haltbarkeit der Kleider verpflichten.