EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič hat in Berlin von intensiven Gesprächen im Handelsstreit mit der US-Seite berichtet. Dies werde auch diese Woche wieder so sein. Man habe sich alle Branchen im Detail angeschaut. Jetzt müsse dies zusammengefügt werden. Dabei sei noch vieles zu diskutieren. Die EU-Kommission werde alles tun für eine Einigung im Juli. Es könne einen Deal geben, wenn dieser gut für die EU sowie europäische Unternehmen und Arbeitnehmer sei, so Šefčovič.
Der deutsche Finanzminister Lars Klingbeil zeigte sich indes „vorsichtig optimistisch“, dass eine Einigung im Handelsstreit bis 9. Juli gelingen kann. „Unsere Hand ist ausgestreckt“, sagt der SPD-Chef in Berlin. Er wolle eine schnelle Verständigung.
Kritik an Verhandlungsführung
Kritik an der Verhandlungsführung äußerte indes der deutsche Kanzler Friedrich Merz. „400, 500, 600 verschiedene Zollkodizes mit den Amerikanern jetzt zu verhandeln, ist der falsche Zeitpunkt mit dem falschen Thema“, sagte der CDU-Vorsitzende auf dem Tag der Industrie des BDI. „Wir brauchen jetzt schnelle gemeinsame Entscheidungen für vier, fünf große Industrien: Automobilindustrie, Chemie, Pharma, Maschinenbau“, fügte der Kanzler hinzu. „Diese Bereiche, die für uns existenziell wichtig sind – Stahl, Aluminium –, da brauchen wir jetzt ein schnelles Agreement mit den Amerikanern.“
Merz gehe davon aus, dass dies auch erreichbar sei. Er werde versuchen, dies zusammen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Brüssel vorzutragen. „Wir werden das diese Woche auf dem EU-Gipfel noch einmal genauso sagen. Es muss jetzt schneller gehen, es muss vor allen Dingen einfacher werden“, mahnte Merz. „Wir wollen nicht das Beste vom Besten, sondern wir wollen das Wichtigste vom Notwendigen.“
Konjunkturaussichten auf kurze Sicht eingetrübt
EZB-Chefin Christine Lagarde sieht unterdessen die Konjunkturaussichten in der Eurozone auf kurze Sicht eingetrübt. „Höhere Zölle und ein stärkerer Euro dürften die Exporte dämpfen, und die hohe Unsicherheit verzögert Investitionsentscheidungen“, sagte die Französin am Montag vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments. Es gebe jedoch mehrere Faktoren, die die Wirtschaft widerstandsfähig machten und das Wachstum mittelfristig unterstützen dürften.
„Der starke Arbeitsmarkt, steigende Realeinkommen, robuste Bilanzen des privaten Sektors und lockerere Finanzierungsbedingungen - teilweise dank unserer jüngsten Zinssenkungen - sollten Verbrauchern und Unternehmen helfen, die Folgen eines volatilen globalen Umfelds zu überstehen“, fügte Lagarde hinzu. Die EZB entscheidet am 24. Juli wieder über den Leitzins. Dann könnte sich auch der Nebel mit Blick auf die Zollpolitik etwas verzogen haben.
Die Währungshüter der EZB hatten Anfang Juni zum achten Mal seit Juni 2024 die Zinsen gesenkt. Der Einlagensatz, mit dem die EZB ihre Geldpolitik steuert, wurde um einen Viertelpunkt auf 2,00 Prozent nach unten gesetzt. Die Inflationsrate im Euroraum sank im Mai auf 1,9 Prozent von 2,2 Prozent im April. Dies ist unter der EZB-Zielmarke von 2,0 Prozent, die die Währungshüter mittelfristig als ideal für die Konjunktur sehen.