Einmal im Jahr duftet der Pfarrsaal in Sinabelkirchen nach Honig - nämlich immer dann, wenn Pfarrer Giovanni Prietl zum kollektiven Honigschleudern lädt. „Ich lade mir dann zehn Leute ein, die mir bei der Honigernte und beim Schleudern helfen“, erzählt der Gleisdorfer Stadtpfarrer. Ausgezahlt werden die fleißigen Helferlein in Naturalien. Für jeden gibt es ein süßes Dankeschön in Form von Honig.
Vor neun Jahren ist der Pfarrer auf die Bienen gekommen, das Interesse an den fleißigen Insekten ist bei ihm allerdings schon früh geweckt worden. Nämlich durch einen Imker aus Riegersburg, der mit seinen Bienen bei Prietls Geburtshaus in Übelbach bei Graz (dort bewirtschafteten seine Eltern einen Bauernhof) auf Wanderschaft war. In den 80er-Jahren absolvierte der damals 16-Jährige eine Ausbildung in der Steirischen Imkerschule. „Damals war Josef Ulz aus Markt Hartmannsdorf mein Direktor, heute bin ich sein Pfarrer“, sagt Prietl und lacht. Als Seelsorger betreut der 56-Jährige insgesamt vier Pfarren (Gleisdorf, Sinabelkirchen, Markt Hartmannsdorf, St. Ruprecht an der Raab) und mittlerweile auch 15 Bienenvölker.
Vor Stichen nicht gefeit
Einquartiert sind sie in „Giovannis Bienenhotel“ - einem Bienenhaus, das er vor fünf Jahren erbaut hat - gelegen in einem Talkessel in Kapfenberg, auf 1000 Metern Seehöhe. Alle zwei bis drei Wochen stattet der Pfarrer seinen Bienen dort einen Besuch ab. Ohne Schutz wohlgemerkt. „Ohne Handschuhe und Schleier ist man doppelt so vorsichtig“, erzählt Prietl. Die Bienen wissen wohl nicht, dass es ein Gottesmann ist, der regelmäßig ihr Zuhause öffnet. Und so ist auch ein Pfarrer vor Bienenstichen nicht gefeit. „Das bleibt nicht aus“, sagt der leidenschaftliche Imker und lacht.
Das Arbeiten mit den Bienen ist für ihn mehr als nur Hobby. Es ist Ausgleich zur zeit- und menschenintensiven Arbeit als Pfarrer, aber auch eine spirituelle Tätigkeit. Die Gesellschaft könne von den Bienen viel lernen. „Nämlich den Zusammenhalt und das Leben in Gemeinschaft. Das Bienenvolk existiert nur als Gesamtes. Auch wir Menschen sind Teil eines Ganzen“, so Prietl.
Erzbischof von Mailand als Honigfan
Mit dem Honig seiner Bienen versüßt Prietl nicht nur den Menschen in seinem Seelsorgeraum das Leben. Und obwohl der Pfarrer appelliert: „Bitte Honig von regionalen Imkerinnen und Imkern kaufen“, - sein eigener Honig ist bereits weit gereist. Bis nach Tansania und Indien hat es sein süßes Gold bereits geschafft. Und es wirkt schon gottgegeben, dass sich sogar der Erzbischof von Mailand seinen Honig aufs Frühstücksbrot schmiert. Ist doch der Heilige Ambrosius, der selbst als Bischof im 4. Jahrhundert nach Christus in Mailand gewirkt hat, Schutzpatron der Imker.
Imkern ist für Prietl nicht nur Honiggewinnung. „Das Wichtigste ist die Bestäubungsleistung durch die Bienen“, sagt der Pfarrer. Allein in der EU verrichten die Bienen eine Bestäubungsarbeit im Wert von 14 Milliarden Euro.
Was er den Menschen zum Weltbienentag mitgeben möchte? „Dass man Vielfalt im Garten sät und Rücksicht auf die Natur nimmt.“ Nicht nur die Honigbienen seien wichtig - „die werden eh von den Imkern versorgt“ - sondern vor allem die Wildbienen. Auch wünsche er sich einen guten Dialog zwischen Landwirten und Imkern.
Und was würde der Pfarrer den Bienen sagen, wenn er eine Predigt für sie halten müsste? „Bedenke Biene, dein Leben ist kurz und einmalig, also: Dolce Vita.“