Roland und Dieter Gall von der „Gall Immo“ erhielten vor einigen Tagen einen Brief von der Stadtgemeinde Judenburg – ein Informationsschreiben über die Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabe. Mit dem Hinweis, für welche Objekte nach „Ermittlungen“ aus zentralem Melderegister und Co. eine mögliche Abgabepflicht besteht. Als „Service“ sei die Abgabe „vorläufig errechnet“ worden, die Empfänger der Schreiben müssen entweder eine Abgabenerklärung oder einen Ausnahmeantrag bei der Stadtgemeinde einbringen.

„Wie kann das passieren?“

„In unserem Fall für fünf Objekte, die unter anderem gar nicht vermietet werden dürften“, wie Roland Gall sagt. Und: „Das müsste auch der Stadtgemeinde bekannt sein.“ Roland und Dieter Gall sind bei weitem nicht die Einzigen, die sich in den vergangenen Tagen über ein derartiges Schreiben in ihrem Postkasten geärgert haben. Ein anderer Leser fragt sich: „Wie kann das passieren, nachdem dieses Thema in anderen Städten schon für einen großen Wirbel gesorgt hat?“

Dieter und Roland Gall (rechts)
Dieter und Roland Gall (rechts) © KLZ / Michaela Egger

Im Jahr 2022 wurde das steirische Zweitwohnsitz- und Leerstandabgabegesetz wirksam, das Gemeinden erlaubt, diese Abgabe einzuheben. Dies sorgte wie berichtet schon in zahlreichen Gemeinden für Unmut, auch in Knittelfeld. Dort ging man ähnlich vor wie in Judenburg. Schließlich trat man den Rückzug an: „Es rechnet sich einfach nicht“, fasste Bürgermeister Harald Bergmann diese Entscheidung zusammen.

„Es geht nur so“

Auch in Judenburg stimmen die der Stadt vorliegenden Daten nicht immer mit der Realität überein. „Bitte Ruhe bewahren. Durchlesen und einreichen“, ruft Judenburgs Bürgermeisterin Elke Florian den Betroffenen zu. Natürlich habe man sich nach der Vorgeschichte in anderen steirischen Kommunen Gedanken darüber gemacht, anders vorzugehen, aber: „Es geht nur so.“ Es sei der einzige Weg, zu den aktuellen Daten zu kommen. „Es wird oft nicht gemeldet, wenn zum Beispiel zwei Wohnungen zu einer zusammengelegt werden. Woher sollen wir das dann wissen?“, so die Stadtchefin. Insgesamt seien rund 1600 Schreiben ausgeschickt worden, die Abarbeitung werde nun dauern.

Bürgermeisterin Elke Florian (SPÖ)
Bürgermeisterin Elke Florian (SPÖ) © KLZ / Josef Fröhlich

So könne man auch erheben, wie es wirklich um den Leerstand in der Stadt steht. Ein Ziel dieser Abgabe ist, einen Teil dieser Wohnungen wieder auf den Markt zu bringen, Wohnen soll dadurch auch günstiger werden.

„Wir haben versucht, unser Schreiben klar zu formulieren, auch dass die Daten nicht aktuell sein müssen, aber anscheinend hätten wir das noch besser machen können“, so Florian. Roland und Dieter Gall sehen nicht ein, warum die Stadtgemeinde auf diesem Weg ihre Daten aktualisieren will: „Eine Frechheit gegenüber den Bürgern, die falsche Daten zugeschickt bekommen und sich dann erklären müssen.“

Lange Warteschlange im Rathaus

Ein weiterer Betroffener ist Reinhard Schaffer: „Ich musste das Schreiben mehrmals durchlesen, bis ich überhaupt verstanden habe, um was es geht.“ Er sollte 600 Euro für einen Leerstand bezahlen, der in der Form gar nicht existiert. „Ich bin dann ins Rathaus gegangen.“ Dort sei er auf zahlreiche Menschen getroffen, die ebenfalls aufgebracht und verärgert gewesen seien. „Die Warteschlange war lang. Warum konnten die Verantwortlichen im Vorfeld nicht besser recherchieren?“, fragt sich Schaffer, der vermutet, dass der eine oder andere bezahlen wird, obwohl er gar nicht müsste.

Reinhard Schaffer ärgert sich über das Vorgehen der Stadt
Reinhard Schaffer ärgert sich über das Vorgehen der Stadt © KLZ / Josef Fröhlich