Das ging schnell - in doppelter Hinsicht: Vor zwei Wochen erst gab die Grazer Aiola-Gruppe bekannt, dass das "Moin" von Daniel Marg und Gernot Büttner-Vorraber nach nur 15 Monaten am Mehlplatz wieder schließt. Und schon ist das neue Lokal frisch eröffnet. Mit dem "Rostmary" setzen Gernot Büttner-Vorraber und sein neuer alter Operncafé-Partner Alexander Maria Robin den kulinarischen Schwerpunkt jetzt auf bodenständiges Barbecue statt auf norddeutsch inspirierte  Oma- bis Haubenküche.

In gerade einmal ein paar Tagen wurde das "Moin" komplett umgestaltet, die maritimen Wandmalereien sind verschwunden, stattdessen dominieren nun die (Nicht-)Farben rot, schwarz, grau und weiß die uralten, verzweigten Innenräume des ehemaligen "Eckstein". Die Hamburger Sprüche - "Sturm ist erst, wenn die Schafe keine Locken mehr haben" - mussten weichen, dafür jetzt omnipräsent: Die gezeichnete Figur der "Rostmary", offenbar eine ältere Dame mit wuscheligen Haaren und Liebe zu Tieren: Am Teller, aber auch lebendig.

Das neue Fleisch-lastige Konzept scheint anzukommen. Der Gastgarten ist am Montagabend gleich nach der Eröffnung schon gut gefüllt, man nimmt einfach Platz, wo frei ist. Ein erster - durstiger - Blick auf die Karte zeigt: Das Hamburger Kultbier "Astra Rotlicht" ist noch als "Moin-Rest vorhanden, aber auch sonst setzt man auf Bier, ganze 14 verschiedene Biere werden angeboten, offen allerdings nur der steirische Klassiker Reininghaus (Kostenpunkt für ein Krügerl: 4,60 Euro).

Aber auch abgesehen davon ist die Getränkekarte üppig, es gibt eine Reihe Spritzer, Cocktails (die Klassiker) und viele Schnäpse - warum Letzteres wichtig ist, lesen Sie später, falls in Ihnen nicht bereits eine erste Ahnung aufkommt.

Jetzt zum Essen: Die Karte ist freilich sehr fleischlastig, es gibt aber immerhin zwei vegane Gerichte auf der Karte und auch ein paar vegetarische oder Fischgerichte. Wir entscheiden uns als Vorspeise für den Naaser Schafskäse. Der wird in einer ganz besonders knusprigen Tempura-Panko-Panade serviert und auf einem hervorragenden Gurkensalat - knackig, frisch und dennoch sehr würzig. Rundherum ist der Teller mit Pünktchen aus Curry-Knoblauch-Aioli verziert, die man gar nicht mehr gebraucht hätte, aber dennoch einen feinen Akzent setzen. Ein tolles Gericht, mit 13 Euro für eine vegetarische Vorspeise allerdings eher teuer angesetzt.

Für das Gegenüber gibt's gleich Fleisch zum Start: Die Mini-Portion von Rostmary’s Crispy Chicken Wings (4 Stück für 7 Euro) - sind, wie der Amerikaner sagt, finger licking good: Also so gut, dass man sich die Finger abschlecken muss. Allerdings sehr kräftig gewürzt.

Wenn Bratlfettn den Ripperln den Extrakick gibt

Dann muss es noch mehr Fleisch sein: Da die Short Ribs schon aus sind, entscheiden wir uns für die Spare Ribs "St. Louis Cut" vom Edel-Duroc-Schwein (300g für 12 Euro) - und wagen uns an ein etwas außergewöhnliches Experiment: Wir bestellen sie mit einer extra Glasur ("Amazing Glace" heißt das auf der Karte) für 2 Euro extra, und zwar der "Steirer Glasur" mit Knoblauch, Kümmel - und Bratlfettn (!). Rippchenfans werden sich hier im siebten Himmel wagen: Das Fleisch ist extrazart, zerfällt fast, die Kruste ganz besonders knusprig - und die Schicht Bratlfettn dazwischen gibt schon einen besonderen Kick. Das Ganze ist allerdings eine Herausforderung: Sehr üppig, und sehr umami - würztechnisch regiert hier eher das Hackbeil denn die feine Klinge.

Gegenüber wird eine gegrillte Butterfly Forelle vom Kulmer aus Birkfeld serviert - das ist eine aufgeschnittene, bereits innen ausgenommene Forelle, die im Ganzen serviert wird, dazu gibt's flüssige Café de Paris Butter, Grillgemüse und eine Zitrone. Schönes Grillgericht mit heimischen Zutaten und trotzdem einem großen Hauch Urlaubs-Anmutung um 22 Euro.

Als Beilage gäbe es natürlich Pommes, wie sie rundherum auch laufend in den üblichen Drahtkörbchen serviert werden, wir bestellen aber lieber eben eine Ofenkartoffel mit Sauerrahm und eine Portion Kartoffelstampf, ebenfalls mit Sauerrahm - beides kostet 4 Euro. Beides tolle Begleiter zum Grillgericht - die aber eben als Speisenbegleiter gerne etwas dezenter hätten schmecken dürfen.

Nachspeisen? Ja, die gäbe es auch - Trifle im Glas, Tonkabohnen Cremeux von der Zartbitter-Callebaut-Schokolade, Zitronentarte, einen Cheesecake 2.0 oder Sorbets. Wir müssen aber leider passen. Und gönnen uns - Überraschung!- jetzt noch einen Schnaps.

Rostmary: Unser Fazit

Großen Respekt, wie hier ein völlig neues Lokal in Windeseile aus dem Boden gestampft wurde. Das Moin war ein schön eingerichtetes Lokal, aber auch Rostmary sieht mit den reduzierten Farben toll aus. Das Personal ist professionell, aber anfangs noch etwas überfordert, bis zur Bestellung und vor allem, bis das Essen da ist, dauert es etwas länger als erwartet - aber nicht weiter schlimm. Das Grill-Konzept dürfte zwischen gefühlt 1000 Burger-Lokalen und Steak-Tempeln in eine Marktlücke stoßen. Und bei Menschen, die nach dem Motto "Fleisch ist mein Gemüse" leben, bestens ankommen. Angst vor Kalorien und vor einer Extraportion Umami darf man halt nicht haben!

Rostmary in Graz: Öffnungszeiten und Kontakt

Rostmary. Mehlplatz 3, 8010 Graz
+43 316 828701
rostmary@aiola.at
www.rostmary.at

Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag von 11.30 bis 24 Uhr, Freitag und Samstag 11.30 bis 1 Uhr, Sonntags geschlossen.