Jetzt liegen die Zahlen vor. Waren es 2022 zu Spitzenzeiten noch 190 Radfahrerinnen und Radfahrer innerhalb von 15 Minuten, die in der Schmiedgasse unterwegs waren, sind es jetzt nur mehr 75. „Unsere neue Radroute über die Neutorgasse und den Joanneumring entlastet die Schmiedgasse deutlich“, sagt Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) – und kommt daher zum Schluss: Das von mehreren Parteien heftig eingeforderte Radverbot in der Schmiedgasse kommt nicht.
Ein Verbot wäre vor dem Hintergrund dieser Zahlen „überschießend“, findet Schwentner. Über den ganzen Tag betrachtet zeigt sich nämlich der deutliche Rückgang ebenfalls: Im August 2022 waren es über 5300 Radler, im Juni 2025 waren es nur mehr 3450. Das haben Verkehrserhebungen von „Trafility“ im Auftrag der Stadt ergeben.
Schwentner will kein Verbot, aber weitere Lenkungsmaßnahmen
Im April des Vorjahres war die Stimmung im Rathaus noch eine andere: Der Gemeinderat hatte damals auf Antrag von KFG-Klubchef Alexis Pascuttini einstimmig beschlossen, „eine fahrradfreie Schmiedgasse zu prüfen“. Das wurde von ihm und der ÖVP schon als Vorstufe für ein Rad-Verbot gefeiert, auch die SPÖ, die ja Teil der Koalition mit KPÖ und Grünen ist, wollte das Verbot. Aber schon damals hatte Schwentner großen Wert auf das Wort „Prüfung“ gelegt – und diese habe jetzt eben ergeben, dass die Schmiedgasse für Radfahrer offen bleiben kann.
Allerdings: „Wir werden Maßnahmen für ein besseres Miteinander weiter verfolgen“, sagt Schwentner und zählt auf: Der gesamte Innenstadtring bekommt „klare Markierungen“, also auch die Radwege am Joanneumring und in der Neutorgasse. So sollen noch mehr Radfahrer der Schmiedgasse fernbleiben. „Es ist ja ein Irrglaube, dass man auf der neuen Route langsamer ist“, betont die Vizebürgermeisterin, die selbst eine Zeit gebraucht hat, „mich umzugewöhnen“, wie sie zugibt.
Essenszusteller sollen Schmiedgasse meiden
Weitere Maßnahmen sollen kommen: Ausbau der Radabstellplätze am Ring, weitere Sensibilisierungsmaßnahmen für das Tempolimit in der Schmiedgasse, wo – wie auch in der Stubenberggasse – nur Schrittgeschwindigkeit erlaubt ist. „Da werden wir auch die Polizei bitten, Geschwindigkeitskontrollen durchzuführen und zu strafen. Die Radfahrer müssen verstehen, dass sie in der Fußgängerzone nur zu Gast sind“, sagt Schwentner. Sie kündigt Info- und Bewusstseinsmaßnahmen an. Und: „Ich werde mich auch selbst in die Schmiedgasse stellen“.
Sie verweist auch auf den runden Tisch mit den Essenszustellern, bei dem sich „vor allem Foodora und Velofood sehr aufgeschlossen gezeigt“ hätten. Die interne Order an ihre Fahrer laute: Schmiedgasse meiden. Und Schwentner hofft, dass die E-Chopper und E-Mopeds nicht mehr als Fahrrad eingestuft werden und damit von den Radwegen und auch aus Fußgängerzonen, wo Radfahren erlaubt ist, verbannt werden. In diesem Punkt unterstützt Schwentner den jüngsten Vorstoß der Wiener Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ), entscheiden muss das der Bund.
Rad-Verbot im Franziskanerviertel wird oft ignoriert
Zurück zum diskutierten Verbot: Die Debatte war in der Rad-Szene äußerst unbeliebt, auch vor dem Hintergrund des 2024 eingeführten Verbotes im Franziskanerviertel – das von zahlreichen Radfahrer immer noch ignoriert wird. Die ÖVP forderte unterdessen mehr Verbote: auch der Hauptplatz sowie die Hans-Sachs-Gasse sollen radfrei werden. Klubchefin Anna Hopper wirft Schwentner vor, sich über den Willen des Gemeinderates hinwegzusetzen: „Statt endlich für die Sicherheit der Fußgänger zu sorgen, wird mit fragwürdigen Zahlenspielen argumentiert.“
Auch KFG-Stadträtin Claudia Schönbacher reagiert auf Schwentners Entscheidung mit Kopfschütteln: „Ein Radfahrverbot in der Schmiedgasse ist nicht überschießend, sondern durch den Radweg in der Neutorgasse gerechtfertigt.“ Durch die Gastgärten in der Schmiedgasse sei der Platz zu eng, um Fußgänger und Radfahrer zu mischen. „Erst vor kurzem wurde ich Zeugin davon, wie ein Aschenbecher vom Tisch fiel, den ein Radfahrer durch seine Geschwindigkeit mitgenommen und das nicht einmal bemerkt hat“, so Schönbacher. Und auch sie fordert weitere Verbote in der Fußgängerzone in der Innenstadt.