Die Schule hat vor über einem Monat begonnen, doch der Schulbetrieb läuft noch lange nicht rund. Nach dem Aufschrei um fehlende Stunden in der Schulassistenz für Kinder mit gesondertem Bedarf – wir berichteten mehrfach – fehlt es in der Steiermark anscheinend auch an Stunden für die Deutschförderung.
Im Frühjahr verkündete Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos), dass im kommenden Schuljahr 108 Millionen Euro in die Deutschförderung investiert werden, also um 62 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Denn die Zahl an außerordentlichen Schülerinnen und Schülern in Österreich steigt, gerade in Ballungsräumen.
Probleme bei Planung
Diese Kinder und Jugendlichen können dem regulären Unterricht nicht folgen, weil sie Probleme mit Deutsch haben. In der ersten Klasse Volksschule haben im Schnitt in Österreich 23 Prozent Deutschförderbedarf. Im Schuljahr 2018/19 wurden Deutschförderklassen eingeführt. Bis zu vier Semester lang können Schülerinnen und Schüler in separaten Klassen geführt werden, um ihre Deutschkenntnisse zu verbessern.
Hier zu investieren, scheint bei dem hohen Bedarf logisch. Doch: In der Steiermark fragen Direktoren und Direktorinnen von Pflichtschulen, wo dieses Geld ankommt. Sie berichten, dass sie zu wenige Förderstunden bzw. Planstellen zur Verfügung haben. „Ich komme so nicht zusammen“, beklagt eine Schulleitung.
Jedes fünfte Grazer Volksschulkind kann kaum Deutsch
Dabei spricht jeder fünfte Erstklässler in der Steiermark (laut letzten aktuellen Zahlen) nicht gut genug Deutsch. Im Ballungsraum Graz haben über 50 Prozent aller Volksschulkinder eine andere Muttersprache als Deutsch, 20 Prozent sind außerordentliche Schüler. Der Direktor einer Pflichtschule mit starkem Migrationsanteil meint: „Die Erhöhung der Deutschförderstunden kommt nicht in der Praxis an.“
Woran liegt das? Laut Ministerium sind für die Steiermark heuer 133 Lehrerplanstellen zur Deutschförderung vorgesehen, 71 waren es letztes Jahr. Die steirische Bildungsdirektion erklärte der Kleinen Zeitung vor Schulbeginn, dass die Steiermark in den vergangenen Jahren sogar mehr für die Deutschförderung ausgegeben hat – als vom Bund für diesen Zweck gekommen ist. Dazu hat man eine Rücklage herangezogen. Diese sei aber langsam ausgeschöpft. Außerdem, so hieß es schon vor dem Sommer aus dem steirischen Bildungsressort, würde die Steiermark trotz Bundeserhöhung noch rund 100 weitere Stellen benötigen.
Steiermark berechnet endgültige Zahl
In der Bildungsdirektion erklärt man auf erneute Nachfrage, dass mit 1. Oktober die endgültigen Schülerzahlen für das laufende Schuljahr „eingefroren“ wurden. Jetzt wird ein endgültiges Kontingent berechnet, heißt es. Das werde noch ein paar Wochen dauern. Zuletzt betonte die Bildungsdirektion, dass man die Deutschförderung sehr ernst nehme und an einzelnen Schulstandorten nachjustiert werden könne. Direktorinnen und Direktoren müssen sich derweil gedulden und mit vorläufigen Planstellen arbeiten, die anscheinend nicht ausreichen. Inzwischen läuft, wie gesagt, die fünfte Schulwoche.