Der Amokläufer hat im Juni einer Lehrerin und neun Schülerinnen und Schülern am BORG Dreierschützengasse das Leben genommen. Wie berichtet, brüten die beiden Grazer Anwälte Karin Prutsch-Lang und Andreas Kleinbichler über einer Amtshaftungsklage gegen die Republik. Der Tenor: „Der Täter war beim Bundesheer als psychisch untauglich für den Waffenbesitz eingestuft worden. Dennoch erhielt er später eine Waffenbesitzkarte.“ Das Argument, dass das Bundesheer diese Daten nicht weiterleiten dürfe, sei „unzureichend“.
Diskrepanz zwischen Untauglichkeit und legalem Waffenbesitz
Auch dürfe ein positives Gutachten nicht allein ausschlaggebend für eine Waffenbesitzkarte sein, wenn es zuvor eine gegenteilige Einschätzung gab. Entweder sei also das Beurteilungsverfahren ungeeignet, oder der Gutachter habe den späteren Amokschützen falsch eingeschätzt. Ziel der Klage wäre, „staatliche Verantwortung für mögliche Versäumnisse sichtbar zu machen“. Es gebe offensichtliche Lücken in der Kommunikation zwischen Gutachtern, Behörden und Bundesheer, so die Juristen.
Nun erhalten sie, wie zunächst die „Steirerkrone“ berichtete, Unterstützung von Betroffenen, die zu einer Klage bereit wären. Gegenüber der Kleinen Zeitung bestätigt Prutsch-Lang, dass sie von Betroffenen beauftragt wurde, gegen die Republik vorzugehen. Sie haben bereits eine erste Akteneinsicht in den Ermittlungsakt beantragt. Details werde sie erst in einigen Wochen bekanntgeben können.
„Prozedere formal richtig eingehalten“
Christoph Bezemek, Professor für öffentliches Recht an der Uni Graz rechnete einer solchen Klage allerdings geringe Chancen aus. „Ob das psychologische Gutachten fehlerhaft war, müsste ein Psychologe sagen, das kann ich als Jurist nicht klären“, sagte er. Allerdings sei wohl das Prozedere, wie es im Waffengesetz und der dazugehörenden Durchführungsverordnung beschrieben ist, formal richtig eingehalten worden. Sinn eines Amtshaftungsverfahrens wäre es aber, Schaden, der durch eine fehlerhafte Vollziehung entstanden ist, zu restituieren.
Aus rechtspolitischer Sicht erkennt er aber tatsächlich ein Defizit: Es sei nicht einzusehen, dass jemand, der im Zuge des Bundesheers für ungeeignet eingeschätzt wird, eine Waffe zu tragen, im zivilen Leben eine solche legal besitzen darf.