Marcel Hirscher hat das Kitzbühel-Wochenende mit einem Paukenschlag beendet. Sein 20. Sieg in seinem Slalom verschaffte ihm auch wieder die Führung im Disziplin-Weltcup vor Henrik Kristoffersen, der heuer erstmals ausfiel. An der Ausgangsposition vor dem Nachtrennen am Dienstag (17.45/20.45 Uhr, live ORF eins) in Schladming habe der Triumph vom Sonntag jedoch nichts geändert, betonte Hirscher.

Vor dem Ganslern-Slalom hatten die 77. Hahnenkamm-Rennen viele Fans des ÖSV-Teams sportlich eine gemischte Bilanz ziehen lassen. Hatte es am Freitag mit dem Sieg von Matthias Mayer im Super-G noch so ausgesehen, als würde sich die Mannschaft gerade beim Heimrennen zu alter Stärke erheben, war der Kärntner einen Tag später beim großen Highlight als Achter schnellster ÖSV-Abfahrer. So schlecht hatten die Österreicher in der gesamten Weltcup-Geschichte auf der Streif noch nicht abgeschnitten. Hirscher drehte das Ganze mit seinem völlig losgelösten Finale aber ins Positive.

Nach seinem zweiten Kitz-Sieg erlebte man den Annaberger jedoch nicht euphorisch, sondern eher müde, von den Emotionen entkräftet. "Es war ein spezieller Tag", sagte Hirscher, der nach dem verpatzten ersten Durchgang, der ihn auf Platz neun spülte, mit einem anderen Ski volles Risiko ging und einen sensationellen Lauf hinlegte.

Als erst zweitem Läufer nach Ingemar Stenmark gelang es Hirscher, den sechsten Weltcup-Winter in Folge mindestens zwei Slaloms zu gewinnen. Der Schwede schaffte das freilich zehn Jahre nacheinander, von 1974/75 bis 1983/84.

Schon öfter spekuliert

Bevor der Letzte im zweiten Durchgang, Sensationsmann Dave Ryding aus Großbritannien unten war, schloss Hirscher die Augen, ging in sich und hoffte. In dieser Saison hatte er sich bereits achtmal mit Platz zwei zufriedengeben müssen. "Ich habe heuer schon des Öfteren ein bisschen damit spekuliert. Ich habe mir nur gedacht: Nicht daran denken, nicht daran denken. Weil sonst geht das schief." Die vielen zweiten Plätze seien absolut kein Problem, "nur wenn es dann so knapp ist. Letztes Jahr waren es hier drei Hundertstel."

Hirscher betonte trotz seiner Gala im zweiten Heat, dass er die Selbstverständlichkeit im Slalom weiter vermisst. Seine "Explosion" sei auch der Situation geschuldet gewesen, dass Kristoffersen im ersten Durchgang ausgefallen war. "Das hat es mir leichter gemacht." Wenn er dann selbst nicht durchgekommen wäre, hätte er auf seinen härtesten Rivalen im Kampf um den Gesamtweltcup nichts eingebüßt.

Wenn der Norweger ins Ziel kommt, ist es laut Hirscher ein ständiger Kampf, der in seinem Kopf stattfindet. Immer auf volle Attacke zu schalten, würde zwar mehr Spaß machen, "aber ich will halt den Gesamtweltcup auch gewinnen".

Die Vorfreude auf das 20. Nightrace in Schladming war vor der Abreise aus Kitzbühel noch nicht besonders ausgeprägt.

"Es kommt darauf an, wie ich schlafen kann, wie es mir geht, wie schnell ich regenerieren kann. Ganz wichtig ist das Schlafen. Oft schläft man nach so einem stressigen Wochenende dementsprechend nicht so gut. Das sind alles Faktoren, die sehr viel Einfluss haben", betonte Hirscher.

Der Sieg vom Sonntag mache es hingegen "null" leichter. Lediglich die Erkenntnis, dass der Ski von Wengen im zweiten Lauf auch in Kitzbühel funktioniert hat, nehme er mit.

Es war kein Dummkopf-Skifahren

Auf die Antwort von Kristoffersen darf man nach seinem Ausfall gespannt sein. "Es war keine perfekte Fahrt. Aber in dem Moment, bevor es passiert ist, war ich wirklich schnell unterwegs", erklärte der Norweger. "Es war kein schlechtes Skifahren. Es war kein Dummkopf-Skifahren", wollte sich der 22-Jährige selbst nichts vorwerfen. "So ist das Leben. Auch Marcel ist schon ausgefallen."

Kristoffersen greift nach seinem dritten Schladming-Sieg nach 2014 und 2016. Hirscher hat am Fuße der Planai 2012 und im Rahmen der Weltmeisterschaft 2013 gewonnen. Im Vorjahr fuhr er im Finale von Platz 22 noch auf Rang zwei, nachdem ihm vor dem ersten Durchgang ein ungewöhnliches Missgeschick passiert war: Aufgrund eines verkehrt eingesetzten Glases lief seine Brille immer stärker an, Hirscher war folglich quasi im Blindflug unterwegs.