Grundsätzlich liebt Daniel Auer die Berge. „Ich fahre sie auch im Training gerne und gehe langlaufen, wandern oder Ski fahren. Aber wenn im Rennen die Berggämsen kommen, muss ich mich zurückziehen“, erzählt er mit einem Lachen. Auer ist Sprinter und definitiv kein Bergspezialist. Für Spurter ist die österreichische Landesrundfahrt generell kein Leckerbissen und Schmerzen sind in den Bergen vorprogrammiert. Den Prolog in Wels hat Auer mit Platz 34 absolviert, knapp zehn Sekunden hinter Tagessieger Jannik Steimle.
Wenn Auer an die Österreich-Rundfahrt denkt, hat er „gemischte Gefühle, denn ich habe noch ein paar Rechnungen offen“, sagt der Weizer und ergänzt: „Es steht nämlich 2:2. Sie hat mich gleich oft besiegt wie ich sie und der zweite Platz in Stegersbach aus einem Massensprint heraus gehört auch noch ausgebessert.“ In den Jahren 2014 und 2018 musste er absteigen, 2015 fuhr er durch und 2016 holte er mit dem zweiten Etappenplatz im Burgenland sein bestes Ergebnis. Bislang.
Der 1. Etappentag der Östereich-Rundfahrt im Livestream:
Zumindest auf den ersten beiden Etappen rechnet er sich gute Chancen auf einen Sieg aus. Auer ist in der Form seines Lebens und hat mit der Bronzemedaille bei den European Games vor zwei Wochen in Minsk groß aufgezeigt. „Heuer ist die Ö-Tour wieder ein bisschen leichter. Aber in den vergangenen zwei Jahren war es richtig schwierig und für Sprinter ist sie ohnehin nicht gerade eine Lieblingsrundfahrt“, sagt er.
Auers Stärken liegen in der Ebene
Mit gerade einmal 73 Kilogramm bei einer Größe von 1,83 Metern ist er für einen „Normalsterblichen“ zwar ein Leichtgewicht, für einen Berufsradfahrer aber nicht. „Es ist zudem eine Frage der Veranlagung. Ich bin ein Sportler mit Schnellkraft. Anstiege unter zehn Minuten kann ich noch recht gut mitfahren. Darüber hinaus wird es richtig schwierig. Da sind auch 73 Kilogramm zu viel. Auf dem Berg kommt es auf jedes Kilo an.“ Seine Stärken liegen in der Ebene, im heißen Finale. Da kann er für bis zu zehn Sekunden 1300 Watt im Mittel abliefern. „Bei einer Sprintankunft wird es meist schon auf den letzten fünf Kilometern richtig schnell und da sind auch die Positionskämpfe voll im Gange. Da kann es sein, dass man die letzten 60 bis 90 Sekunden mehr als 600 Watt treten muss“, erklärt er.
Für die Heimetappe von Kirchschlag nach Frohnleiten am 9. Juli rechnet er sich wenig Chancen aus, zu heftig sind Semmering, Eibeggsattel, Teichalm und Rechberg. „Frohnleiten wird einen anderen Sieger sehen“, sagt er. Vielleicht einen der Tour-Favoriten. Die sind für ihn Titelverteidiger Ben Hermans (Israel Cycling), Riccardo Zoidl (CCC) und Carlos Betancur (Movistar). „Bei den großen Namen ist es immer eine Frage, wie stark sie gerade in Form sind und wie sehr sie wollen.“ Seine Pushbiker dürfen sich aber auf eine spannende Aufgabe freuen: „Wir müssen als kleineres Team das Rennen nicht in die Hand nehmen und können uns auf flachen Etappen voll auf das Finale konzentrieren.“
Vielleicht kann Auer ja auch seine Visitenkarte bei den drei World-Tour-Teams (Movistar, CCC und Dimension Data) im Ö-Tour-Feld abgeben. „Das Ziel ist immer, einmal in die World Tour zu kommen. Mit 24 Jahren bin ich aber nicht mehr so jung“, sagt Auer: „Dennoch ist es möglich. Und eine Ö-Tour-Etappe zu gewinnen, wäre ein Anfang.“