Ohne Smog lässt sich Santiago mehr als nur erahnen. Wenn Österreichs Ski-Asse im Schneetrainingslager in Chile auf 3000 Meter Höhe ihre ersten Schwünge ziehen, überwiegt in den Morgenstunden Dunkelheit. Zu allem Überfluss habe es die Abfahrt „echt in sich. Die Schneebedingungen sind unterschiedlich, das ist kein Kindergeburtstag. In der Früh ist es immens schwierig und sehr unruhig. Ich fahre teils kontrollierter und runder, lasse an gewissen Stellen noch mehr Platz“, erzählt Kärntens Speed-Ass Max Franz, für den es nach einem ersten Schongang mit Freifahren, Gleitkurven sowie Riesentorlauftraining in Richtung Abfahrt ging.

„Im Großen und Ganzen bin ich sehr glücklich, merke aber doch, dass meine Muskulatur Zeit braucht, bis sie sich an die Belastungen gewöhnt“, meint der 36-Jährige, der sich bei einem Horrorsturz 2022 beide Unterschenkel gebrochen hatte – der Nerv war zu 80 Prozent durchtrennt, sowie das Gewebe stark beschädigt, seine OP-Narben sind inzwischen über 114 Zentimeter lang. Jene Aussage, „das wird eh nichts mehr“ habe ihn auf eine gewisse Weise getroffen, wobei ihm schnell bewusst geworden ist, „dass ich es euch noch zeigen werde. Es wird niemand anderes entscheiden, dass ich fertig bin. Ich habe schon einiges erreicht und manche haben sich richtig getäuscht.“

„Da steckt ziemlich viel dahinter“

Trotz aller Euphorie macht der WM-Bronzemedaillengewinner von 2017, der auf Van Deer unterwegs ist, kein Geheimnis daraus, „dass es mich natürlich Überwindung kostet, es ist fordernd. Für die Selbstverständlichkeit und das Vertrauen in den Körper brauche ich noch viele Kilometer. Auch die Sicherheit kommt nur über Fahrten, aber auch die erste Fahrt muss einmal gemacht werden und da war Saalbach heuer immens wichtig. Da steckt ziemlich viel dahinter. In Chile habe ich mich zu Beginn an die Sprünge herangetastet, aber mittlerweile ziehe ich voll drüber. War schon emotional“, verdeutlicht Franz, der sich in Südamerika ein Appartement mit Vincent Wieser und Daniel Danklmaier teilt.

Mental erlebt er inzwischen einen Höhenflug. Dementsprechend muss er sich mitunter sogar „bremsen. Ich bin momentan sehr ungeduldig. An manchen Tagen geht‘s super, an anderen muss ich mich zurücknehmen. Es sind viele coole Sachen dabei, aber es wartet noch sehr viel Arbeit auf mich. Aber wenn ich sehe, wo ich vor einem Jahr gewesen bin und was inzwischen möglich ist, ist das der absolute Wahnsinn.“

„Ich sehe es als Muss“

Die nächsten Tage absolviert das ÖSV-Team ihre Einheiten in Valle Nevado, ehe es Ende September zurück in die Heimat geht. Auf die Frage, ob er völlig schmerzfrei sei, erklärt Franz: „Vom Knöchernen her ja, den Nerv spüre ich noch ein wenig, aber nicht direkt beim Skifahren, sondern eher danach. Und Muskelkater bleibt halt auch nicht aus. Es ist sehr schwer für mich, das detailliert zu beschreiben, aber ich freue mich riesig, was funktioniert“, verdeutlicht der Weißbriacher, der im Sommer an den Unglücksort Copper Mountain, wo kommende Saison ein Weltcup-Super-G stattfindet, zurückgekehrt ist.

Der USA-Trip im Winter ist fest in seinem Kopf verankert, wie er erklärt: „Mein Ziel ist es mit der Mannschaft den Weg zu gehen und zum Training nach Copper zu fliegen. Ich sehe es als Muss, da dort optimale Bedingungen herrschen.“