Erste Österreicherin mit UEFA-Pro-Lizenz – wie klingt das?
IRENE FUHRMANN: Ja, schon sehr gut. (lacht) Die höchste Ausbildung abzuschließen, ist immer etwas ganz Besonderes. Aber mir ist bewusst, dass ich keine fertige Trainerin bin.

Warum?
Es gibt zwar keine höhere Ausbildung mehr, aber es gilt, sich ständig fortzubilden. Und für mich ist es enorm wichtig, viel Erfahrung zu sammeln. Ich bin jetzt sechs Jahre im Geschäft und merke, dass ich ruhiger und gelassener geworden bin. Ich bin nicht mehr so streng und nehme vieles mit Humor.

Sie haben die UEFA-Pro-Lizenz mit 15 anderen Männern gemacht. Wie sehr hat eine Frau da mit Vorurteilen zu kämpfen?
Je höher die Ausbildung, desto größer ist die soziale Kompetenz der Trainer. In der UEFA-Pro-Lizenz waren Trainer wie Alexander Zickler, Carsten Jancker oder Rene Aufhauser dabei, die als Spieler enorm erfolgreich waren. Die sind bodenständig, respektvoll im Umgang und immer interessiert, Neues zu lernen. Die setzen sich nicht hin und sagen, sie haben die Weisheit mit dem Löffel gefressen. Das ist die Einstellung, die ein Profitrainer braucht.

Was ist so faszinierend am Trainerberuf?
Mit Menschen zu arbeiten und verschiedene Charaktere zu einer Mannschaft zu formen, hat einen großen Reiz. Als Trainer muss man sich anpassen, weil man immer wieder unterschiedliche Ressourcen bzw. unterschiedliches Spielermaterial zur Verfügung hat. Um erfolgreich zu sein, reicht es nicht, nur ein Konzept zu haben.

Welche Art von Fußball imponiert Ihnen am meisten?
Im Ballbesitz dominant zu sein, ist schon attraktiv. Vielleicht nicht unbedingt wie Barcelona, weil mir das zu verspielt ist. Das österreichische Frauen-Nationalteam hat die Herzen der Menschen anders gewonnen – mit viel Leidenschaft, Kampfgeist und taktischer Disziplin in der Defensive. Man muss immer schauen, wie die Wahrscheinlichkeit am größten ist, Erfolg zu haben. Das kann auch manchmal die Betonmauer sein.

Sie sind als Co-Trainerin von Frauen-Teamchef Dominik Thalhammer bekannt. Was sind Ihre Aufgaben?
Die Hauptaufgabe ist die Gegneranalyse. Ich bereite dem Teamchef anhand des Videomaterials auf, wie der Gegner mit Ball, gegen den Ball, in den Umschaltphasen oder bei Standardsituationen agiert. Dann entwerfen wir Matchpläne, wonach sich auch das Training gestaltet.

Welcher Typ sind Sie?
Eher der ruhige Typ. Aber ich kann schon auch laut werden und bestimmt Sachen einfordern.

Wie wichtig ist ein Trainerteam?
Das wird immer wichtiger. Cheftrainer muten sich gerne zu viel zu. Aber du musst delegieren und gewisse Bereiche abgeben können. Das ist auch eine Wertschätzung deinen Mitarbeitern gegenüber. Es ist heute nicht mehr möglich, alles alleine zu machen. Klar musst du den Überblick behalten, weil die Ergebnisse im Endeffekt dir den Kopf kosten.

Wie sind Sie überhaupt zum Fußball gekommen?
Ich habe von klein auf pausenlos gespielt – wie in Wien üblich im Käfig. Beim Studium hat meine Professorin nicht glauben können, dass ich bei keinem Verein spiele und mir geraten, zu einem zu gehen. Dann bin ich zu Landhaus, habe später auch im Frauen-Nationalteam gespielt, am Ende sogar noch mit den Steirerinnen Viktoria Schnaderbeck und Carina Wenninger gemeinsam.

Warum haben Sie Ihre aktive Karriere beendet?
Ich habe neben meinem Studium eine Ausbildung gemacht. Entweder mache ich etwas ganz oder gar nicht. Aber zum Glück hat mich dann der damalige Frauen-Teamchef Ernst Weber angesprochen, ob ich mir vorstellen kann, seine Assistenz-Trainerin zu werden. Seit 2011 bin ich Trainerin im Nationalen Zentrum für Frauenfußball in St. Pölten und hatte bis August dieses Jahres auch das Amt der U19-Teamchefin inne. Ich muss schon zugeben, dass ich in meinem bisherigen Berufsleben extrem privilegiert war.

Wie sieht es mit Ihren Ambitionen aus, Cheftrainerin zu sein?
Ich habe nicht die Pro-Lizenz gemacht, um ewig in der Assistentinnenrolle zu sein. Das ist sicher irgendwann einmal ein Ziel, wieder ein Team zu übernehmen.

Vielleicht im Männerbereich?
Einige Kollegen könnten sich vorstellen, dass ich im Akademiebereich trainiere. Ich glaube auch, dass das möglich ist. Fachlich bringe ich meiner Meinung nach alles mit. Aber die Verantwortlichen müssten dann voll dahinterstehen. Im Profibereich der Männer wird es noch lange dauern, bis dort eine Frau trainiert. Ich denke, die Zeit ist noch nicht reif dafür. Als Trainerin brauchst du eine extrem harte Schale und extremes Selbstbewusstsein.

Warum gibt es immer mehr Frauen in den Betreuerstäben?
Das war früher nicht so. Ich glaube, dass das positive Auswirkungen auf den Umgang untereinander hat, und sei es als Physiotherapeutin oder Teamärztin. Ich selbst würde keinen reinen Frauenbetreuerstab haben wollen. Die Mischung sorgt aus meiner Sicht für die notwendige Balance.