Die Bundesliga sucht den 35. Meistermacher ihrer 51-jährigen Geschichte und wird ihn in dieser Woche finden, da keinem der drei Kandidaten diese Ehre bereits zuteilwurde. Bringt Jürgen Säumel mit dem SK Sturm die Führung über die Ziellinie, käme es zu einer Rarität. Denn jene Trainer, die den späteren Champion erst während der Saison übernommen haben, kann man an einer Hand abzählen. Die absolute Mehrheit begleitete den Titelträger die ganze Saison über, so wie dies aktuell bei seinen Konkurrenten Dietmar Kühbauer (WAC) und Stephan Helm (Austria Wien) der Fall ist. Säumel, zuvor Coach der zweiten Mannschaft, übernahm Mitte November das Zepter von Christian Ilzer, der als Teil einer schwarz-weißen Delegation dem Lockruf aus Hoffenheim folgte.
Oscar Garcia „rettet“ Salzburg-Titel 2016
Der bislang letzte Meistertrainer, der zu Saisonbeginn noch gar nichts von seinem Glück ahnen konnte, hört auf den Namen Oscar Garcia. Trainer-Entlassungen im Saisonverlauf waren in Salzburg in der Red-Bull-Ära lange Zeit eine Seltenheit. Im Dezember 2015 erwischte es jedoch Peter Zeidler, nachdem die sportliche Entwicklung unter den Erwartungen blieb. Für Interimslösung Thomas Letsch kam damals Garcia. Der Spanier stabilisierte das Team, führte Salzburg mit ruhiger Hand noch zum Titel und verteidigte ihn im Jahr darauf. Im Moment des ersten Triumphs bewies er Klasse: „Ich möchte mich auch bei Peter Zeidler und Thomas Letsch bedanken und ihnen gratulieren. Auch sie sind Teil dieses Titels.“
Daum statt Schachner
Anfang der Nuller-Jahre war dem österreichischen Fußball Größenwahn und finanzieller Übermut nicht gänzlich fremd, was ein kurioses Meistertrainer-Karussell mit sich brachte. Auftritt Frank Stronach, der selbiges in Bewegung setzte. Im Oktober 2002 beschlich den Mäzen der Wiener Austria das Gefühl, dass Walter Schachner doch nicht der richtige Trainer für seine Titelträume ist. Dass die Veilchen gerade die Tabelle anführten, sei nur am Rande erwähnt. Christoph Daum sollte das „Problem“ lösen. Der Deutsche, im Vorjahr im Alter von 70 Jahren verstorben, war damals auf der Suche nach einem Neustart. In den beiden Jahren zuvor verfolgte ihn seine leidige Kokain-Affäre, die auch seine Berufung zum deutschen Bundestrainer verhinderte.
In seiner Autobiographie schildert Daum durchaus unterhaltsam, wie es zum Engagement bei der Austria kam, er erst kurz vor dem ersten Treffen mit Stronach erfuhr, dass Schachner noch gar nicht entlassen war und der mitunter verhaltensoriginelle Milliardär ihn ein Gespräch lang „Christian“ nannte. Sportdirektor Peter Svetits habe beschwichtigt: „Christoph oder Christian, ist doch scheißegal! Hauptsache, du wirst unser Trainer. Der Fränk wird dir ein sensationelles Angebot machen“.
Psychologische Meisterleistung von Joachim Löw
Den Titel fixierte die Austria sechs Runden vor Saisonende – ausgerechnet – mit einem Sieg beim GAK, der inzwischen erfolgreich von Schachner trainiert wurde und die Austria ein Jahr später unter dem Motto Rache ist süß wie Schoko entthronen sollte. In Wien-Favoriten war Daum da längst nicht mehr im Amt, ihn zog es zu Fenerbahce. Sein Nachfolger war ein gewisser Joachim Löw – der spätere deutsche Teamchef und Weltmeister von 2014 folgte also dem verhinderten DFB-Chefcoach. Löw wiederum empfahl sich in Innsbruck für diese Aufgabe. Im Oktober 2001 verließ der doppelte Meistermacher Kurt Jara den FC Tirol in Richtung Hamburg, Löw übernahm und finalisierte unter erschwerten Bedingungen mit einer psychologischen Meisterleistung den Titel-Hattrick. Die Mannschaft war zwar qualitativ stark, sehr erfahren und auch eingespielt, der Blick aufs Konto war angesichts oftmals ausbleibender Gehaltszahlungen im Meisterjahr mitunter demotivierend.
Der Verein hatte jahrelang über seinen Verhältnissen gelebt und bezahlte dies nach der Meisterschaft mit dem finanziellen Kollaps, der mit dem sofortigen Absturz in die Regionalliga endete. Am Tag des Titelgewinns hatte Löw noch gebangt: „Ich hoffe, dass alle Probleme bald vom Tisch sind. Momentan befinden wir uns in einer Art Vakuum. Wir wissen noch nicht, mit welcher Mannschaft wir für die nächste Saison planen können.“ Für seinen weiteren Lebensweg sollte es angesichts des wenig später folgenden DFB-Engagements kein Schaden sein, dass der Österreich-Ausflug zwar mit Titel, unter dem Strich aber trotzdem unglücklich endete.
Bei Rapid übernahm der Co
In all den anderen Jahren konnten – mit einer Ausnahme - Meistertrainer zumindest ab Saisonbeginn am Erfolg basteln, oft noch viel länger, wenn man beispielsweise an Sturms bisherige Meistergaranten Ivica Osim (1998, 1999), Franco Foda (2011) und eben Ilzer (2024) denkt. Dies gilt auch für Frenkie Schinkels, der 2006 im Frühjahr zwar offiziell alleine übernahm, aber zuvor bereits Teil des Trainerduos mit Peter Stöger war. Einzig 1982 verlor Rapid die Geduld und ersetzte Walter Skocik sieben Runden vor Schluss durch Co-Trainer Rudolf Nuske, der die Mission Meistertitel vollendete. Skocik beklagte noch Jahre später, dass er trotz dreijähriger Aufbau-Arbeit auf keinem Meisterfoto zu sehen war.