Wir werden Meister! Wir werden Meister!“ Sekunden nach dem Schlusspfiff artikulierten die Fans des SK Sturm in Sprechchören ihren festen Glauben an den fünften Meistertitel der Vereinsgeschichte, auch wenn es darauf nach der 1:3-Niederlage bei Rapid zumindest sechs Tage länger als erhofft zu warten gilt. Ein Remis hätte gereicht, um bereits den ersten Matchball zu verwerten, da im Parallelspiel Austria Wien in Wolfsberg mit 2:1 gewann.
„Es ist nichts passiert. Wir sind nach wie vor drei Punkte vorne und können am Samstag vor eigenem Publikum alles klar machen“, beruhigte Trainer Jürgen Säumel. Ein Punkt im „Endspiel“ gegen den WAC genügt Sturm zur erfolgreichen Titelverteidigung. Bei einer Niederlage wären die Grazer fix entthront. Dann hieße der neue Meister Wolfsberg oder – im Falle eines Heimerfolgs gegen Blau-Weiß Linz – Austria Wien. Wenn die drei Titelanwärter punktegleich über die Ziellinie gehen, hätten die Veilchen nämlich die direkten Duelle auf ihrer Seite.
Mehr Rapid-Energie
Diesen Nervenkitzel hätte sich Sturm mit einem Punktegewinn in Hütteldorf ersparen können. Doch Rapid war spürbar fest entschlossen, die mögliche Party in Schwarz-Weiß zu crashen und nicht bei der allerersten Titelfeier im Allianz Stadion überhaupt einem anderen Team gratulieren zu müssen. Ein Weitschuss von Bendeguz Bolla landete via Latte im Tor (20.). Momente, nachdem Tomi Horvat eine der besten Sturm-Chancen liegen ließ, erhöhte Guido Burgstaller (40.), der nach der Saison seine Karriere beendet, auf 2:0.
„Mit den Toren hat Rapid mehr Energie bekommen und wir weniger“, erkannte Tormann Kjell Scherpen. Säumel sah bei den Hausherren die bessere Effizienz und mehr Zielstrebigkeit im letzten Drittel. Sturms Anschlusstreffer durch Leon Grgic sorgte für Hochspannung, durch den Spielstand in Wolfsberg reichte den Steirern plötzlich ein weiterer Treffer zum Erreichen des großen Ziels. Das Tor schoss jedoch Rapid, Bolla (78.) durfte sich über einen Doppelpack – seine ersten beiden Bundesliga-Tore – freuen.
„Wir haben verdient verloren, es war keine gute Leistung. Aber Kopf hoch, wir müssen ruhig bleiben und am Samstag in Liebenau gewinnen“, meinte Scherpen, der den Dreikampf an der Tabellenspitze als „kompletten Wahnsinn“ bezeichnete: „Aber ich habe volles Vertrauen, dass wir mit dem Titel dastehen werden. Jede Niederlage macht uns stärker. Das haben wir in den letzten Spielen bewiesen.“ Auch Säumel sprach seiner Mannschaft trotz der Niederlage das volle Vertrauen aus: „Sie kennt die Situation, hat Erfahrung damit und bereits bewiesen, dass sie damit umgehen kann.“ Der Beweis gelang vor einem Jahr am letzten Spieltag mit einem 2:0-Heimsieg gegen Klagenfurt. Damals brauchte es drei Punkte. Diesmal reicht ein Remis. Säumel bekundete jedoch, dass Sturm prinzipiell auf Sieg spielt.
Sturm steht auf der Pole-Position und möchte den Meistertitel aus einer Position der Stärke einfahren. Daran lassen auch die Worte von Otar Kiteishvili keinen Zweifel. Der Georgier warnt davor, sich zu viel Druck aufzulegen. Ganz im Gegenteil, streicht er den Genuss solcher Partien hervor: „Alle Fußballer lieben es, in unserer Position zu sein. Wir haben es selbst in der Hand und spielen im letzten Spiel vor unseren Fans um den Titel. Wir müssen es lieben, in dieser Situation zu sein.“ Bringt Sturm gegen den WAC diese Einstellung auf dem Platz, werden die Fans Sekunden nach dem Schlusspfiff recht gehabt haben.